Persona 3 Portable Test: untere Schublade

von Mathias Rainer 19.02.2023

ATLUS expandiert erneut! Seit 19.1.2023 ist auch ein weiterer ihrer JRPG-Klassiker für Konsolen erhältlich. Im Persona 3 Portable Test für die Playstation 4 verrate ich euch meine Eindrücke nach ca. 15 Stunden Spielzeit.

Persona 3 Portable Test auf der Playstation 4

Ein bekannter Anfang

Als Kenner von Persona 5 Royal und Persona 4 Golden wusste ich bereits grob, was mich in Persona 3 Portable zu Beginn erwarten wird. Auch in diesem Teil schlüpfen wir in die Rolle eines japanischen Teenagers, welcher von seiner heimeligen Welt abgezogen und in eine fremde Umgebung geworfen wird. Gegen Mitternacht in unserem neuen Wohnheim (wo wir das nächste Schuljahr verbringen werden) angekommen, werden wir einmal bei den Bewohnern und zum Teil auch bei unseren neuen Mitschülern vorstellig. Ohne Umschweife gehen wir dann auch erstmal ins Bett, schließlich beginnt am Morgen unser erster Tag im neuen Leben und wir müssen in den Unterricht. Uns erwartet an der Stelle der klassische Persona-Einstieg, in dem wir erstmal unsere späteren, ersten Party-Member und den Schüleralltag kennenlernen.

Aber schon kurz darauf kommt es im Wohnheim – erneut um Mitternacht – zu einem übernatürlichen Ereignis. Wir werden nämlich von einem Schatten angegriffen, können uns aber natürlich aufgrund unserer in diesem Augenblick erwachten Persona-Kräfte wehren und das Monster vernichten. Beeindruckt ob unserer Darbietung werden wir auch gleich in die Geheimorganisation – welche sich aus Elite-Schülern unseres Wohnheims zusammensetzt – aufgenommen.

Unsere Mission ab jetzt – zusätzlich zum gewöhnlichen Schüleralltag versteht sich – ist es nun, den Ursprung der Dämonen zu erkunden. Jeden Tag um Mitternacht erscheint nämlich vor dem Internat ein gigantischer Turm aus dem Nichts. Der sogenannte Tartarus beheimatet die gefährlichen Schatten, welche eine Gefahr für sämtliche Bewohner der normalen Welt darstellen. Die Vermutung unserer Organisaton ist, dass diese Kreaturen auch im Zusammenhang mit den vielen kürzlich stattfgefundenen mentalen Zusammenbrüchen im ganzen Land stehen. Wir wollen dieser Sachen also natürlich auf den Grund gehen.

Einschleifende Erkundung

Bei der Erkundung des Tartarus arbeiten wir uns vom Erdgeschoss Etage für Etage weiter hoch. Mit 2 zusätzlichen Party-Membern (welche wir im späteren Spielverlauf sicherlich auch noch austauschen können) bekämpfen wir auf jedem Level sich uns entgegenstellende Schatten. Das Schere-Stein-Papier-Prinzip innerhalb der rundenbasierten Kämpfe ist mir dank meiner Erfahrung aus anderen Persona-Spielen bestens bekannt.

Und dennoch wird dies auch im dritten Titel und über 200 Persona-Stunden nicht langweilig. Wir müssen erstmal herausfinden, gegen welche unserer Attacken der jeweilige Gegner eine Schwäche besitzt. Das kann mit Fortdauer des Spiels auch gut und gerne einmal einige Angriffe benötigen. Sobald wir uns auf die immer 2-3 gleichen Gegner auf einer Ebene eingeschworen haben, wechseln wir auch schon wieder die Etage. Auf dem neuen Level beginnt das Spiel aufgrund neuer Schatten aufs Neue.

Prinzipiell funktioniert der Loop aus Erkundung der Ebene, dem Finden von unterstützenden Items, den Kämpfen gegen immer andere Gegner ganz hervorragend. Ich habe für ich nur bemerkt, dass man ab einem gewissen Punkt in eine Art Autopilot schaltet weil man halt Etage für Etage immer denselben Ablauf abspult. Da hilft auch nicht, dass jede Ebene komplett zufallsgeneriert wurde.

In Persona 5 waren die Labyrinthe nicht nur komplett von den Entwicklern von ATLUS von Hand gecraftet, diese waren auch immer der Handlung entsprechend einem anderen Thema zugeordnet. Da gab es das Schloss des perversen Sportlehrers, das Fake-Atelier des berühmten Malers oder das Kreuzfahrtschiff des japanischen Ministerpräsidenten. Obschon der Tartarus als solcher prinzipiell eine feine Idee ist, sieht mir in diesem Turm leider jede Etage zu ähnlich aus. Durch die immer gleichen Gänge nutzt sich die Dungeon-Erkundung mit der Zeit ein wenig ab.

Die Qual der Wahl

Persona-typisch passiert diese gesamte Erkundung des Tartarus während wir “im wirklichen Leben” noch einem ganz normalen Alltag eines japanischen Teenagers nachgehen. Das bedeutet neben Unterricht in der Klasse am Vormittag, auch diverse Nebenaktivitäten am Nachmittag. Relativ rasch im Spiel haben wir einige Möglichkeiten, wie wir unsere Freizeit gestalten wollen. Wollen wir Zeit mit unseren Party-Membern verbringen um unsere Bindung zu stärken, was uns wiederum im Dungeon Vorteile bringt. Oder wir verbringen Zeit im Sportclub und knüpfen dort zusätzliche Freundschaften, vielleicht sogar eine tiefergehende Beziehung?

Persona 3 Portable lässt uns übrigens die Wahl, ob wir das Game als Junge oder als Mädel starten wollen. Je nach Wahl verläuft die Handlung ein wenig unterschiedlich. Ich habe mich für das männliche Pendat entschieden, weil dies die empfohlene Einstellung für das erstmalige Spielen des Games ist. Insofern kann ich nicht ganz genau beurteilen, inwieweit sich das Spiel als anderer Charakter wirklich unterschiedlich gestaltet. Ich kann mir aber gut Vorstellen, dass sich die Wahl des Charakters auf zum Beispiel unsere Romanzen auswirkt.

Aber egal für welchen Protagonisten wir uns entscheiden, die Wahl unserer Freizeit ist in jedem Fall eine wohlüberlegte. Da wir nur eine begrenzte Zeit pro Tag zur Verfügung haben, können wir einfach nie alle Möglichkeiten komplett ausschöpfen. Wir haben also immer die Qual der Wahl, ob ich nun Progress im Tartarus machen will oder doch lieber mit meinen Kollegen abhängen will. Und vergessen wir nicht für die Zwischenprüfungen zu lernen.

Warum nicht FES?

Was bei der Erkundung der Schule, des Wohnhauses oder der Einkaufsmeile jedoch augenscheinlich wird ist, wie eingeschränkt uns Persona 3 Portable durch die Spielwelt laufen lässt. Außerhalb der Dungeons nämlich gar nicht. Im Tartarus und ein paar ausgewählten anderen Orten könne wir unsere Figur und auch die Kamera frei bewegen. An sämtlichen anderen Orten geht das – ganz anders wie in den Nachfolgern – nämlich nicht mehr. In diesen Abschnitten können wir nur per Cursor bestimmte Punkte auf dem Bildschirm anwählen und mit diesen interagieren. Per Anwahl einer Tür betreten wir etwa einen anderen Raum. Per Anwahl eines Charakters sprechen wir zum Beispiel mit diesem.

Ich hatte Persona 3 zuvor nie selbst gespielt, mir zuvor nur ein paar wenige Gameplay-Ausschnitte einmal angesehen. Damals wäre mir eine solche Einschränkung allerdings nie aufgefallen. Also habe ich mich hierzu einmal ein wenig schlau gemacht. Konkret wurde die hier vorstellige Variante von P3 Persona 3 Portable für die Playstation Portable veröffentlicht. Ob der eingeschränkten, tragbaren Hardware der damaligen Konsole musste das Game damals ein wenig abgespeckt werden. Neben der freien Erkundung des Alltags war etwa auch das Ändern oder Cutten von Zwischensequenzen die Folge. Alles vertretbar.

Nun hat man aber ausgerechnet diese Version von P3 für einen Release auf den aktuellen und damit leistungsfähigeren Konsolen ausgewählt. Obwohl man genauso gut die definitive weil viel umfassendere Version des Spiels, nämlich Persona 3 FES veröffentlichen hätte können. Persona 4 Golden – welches ebenfalls zeitgleich mit Portable released wurde – stellt ja ebenso die quasi Directors-Cut-Variante des Games dar. Warum also nicht beim dritten Eintrag der Reihe?

Die Antwort liegt denke ich auf der Hand: Persona 3 FES ist mittlerweile schon etwas in die Jahre gekommen und das Spiel für die aktuellen Plattformen aufzubereiten, wäre wohl ungleich aufwendiger gewesen als das bereits modernere Grundgerüst von Portable zu nehmen. Unter dem Strich hat man es aber so nun verabsäumt, sämtlichen Fans der Reihe, welche das Spiel damals nicht zocken konnten und es nun wollten, die bestmögliche Version des Titels zu servieren.  Eine verpasste Chance in meinen Augen. Es hätte wohl jeder Fan verstanden, insofern man sich auf ATLUS-Seite noch ein wenig mehr Zeit für die adequate Portierung von FES genommen hätte um das bestmögliche Game herauszubringen. Aber hey, die Leute kaufen das Spiel ja auch so, oder?

Relikte aus der Hauptreihe

Man sieht anhand von Persona 3 ganz schön den Übergang und die Weiterentwicklung von der Shin Megami Tensei-Reihe (als Beispiel hier etwa der neueste, fünfte Teil) hin zu den Persona-Spielen. Das dritte Persona-Hauptspiel setzte damals den Ton für die weiteren Titel und definierte einige grundlegende Konzepte innerhalb der Reihe. Dazu gehört das Zusammenspiel der Alltagssimulation mit dem Pflegen von Freundschaften – den sogenannten Social-Links – oder Lernen für Prüfungen und der Dungeon-Erkundung.

Auf der anderen Seite enthält der Eintrag noch jede Menge Überbleibsel aus der eigentlichen Shin Megami Tensei-Hauptreihe. Dazu gehört, dass – obwohl vorhanden – eine Erkundung der Stadt nur sehr eingeschränkt möglich ist. Es gibt nur ein paar festgelegte Locations, die wir aber nicht ausschweifend entdecken können. In den Nachfolgern stehen uns teilweise ganze Häuser-Blocks zur Verfügung, zwischen denen wir einzelne Läden oder Verkaufsautomaten entdecken können.

Ein weiterer Punkt, der noch von der Hauptreihe mitübernommen wurde, ist die Auslagerung der Story-Progression außerhalb des Main-Dungeons. In Persona 4 Golden etwa ist das jeweilige Labyrinth und somit der nächste Teil der Haupthandlung abgeschlossen, wenn wir den Boss innerhalb der Anlage besiegen. Im Tartarus von Persona 3 Portable stoßen wir zwar auch irgendwann an den Punkt wo es erstmal nicht weitergeht, der eigentliche Fight gegen einen starken Dämon findet dann aber irgendwo in der Spielwelt statt. Das war zumindest innerhalb der gut 15 Stunden so der Fall, in denen ich den Titel jetzt gespielt habe.

Ich will nicht ausschließen, dass sich das im weiteren Spielverlauf auch nochmal umdreht. Insgesamt empfand ich diesen Teil aber sogar als gelungene Abwechslung. Ich war durch die Nachfolger schon so darauf konditioniert, dass mich im Tartarus irgendwann der Story-Boss erwartet. Dadurch, dass ich im Turm selbst irgendwann an dem Puntk war, wo es nicht weitergeht, war ich gespannt darauf zu sehen, wie und wo es denn nun in der Handlung weitergeht.

Persona 3 Portable Test Fazit auf der Playstation 4

Der dritte Eintrag der Persona-Reihe kann auch im Jahr 2023 noch immer locker mit aktuellen JRPG-Releases mithalten. Die Kern-Mechaniken, welche ein jedes Game des Franchise ab diesem Teil ausmachen, zünden auch in Portable. Allerdings dürft ihr euch in Anbetracht des Alters und auch der Weiterentwicklung der Marke auch auf keinen absoluten Top-Titel einstellen.

Wenn ihr zum ersten Mal ein Persona zocken wollt, dann lege ich euch den aktuellsten Teil ans Herz, gefolgt von der goldenen Variante von P4. Für alle eingefleischten Fans des Franchise, welche den Grundstein der moderneren Spiel nun noch einmal in bestem Licht nachholen wollten, gilt folgendes: ihr müsst euch eben im Klaren sein, dass ihr es mit Persona 3 Portable nicht mit einer gleichwertigen Fassung wie Golden oder Royal zu tun habt, sondern eben mit einer abgespeckten Variante. Insofern euch das egal ist, könnt ihr aber ohne Bedenken auch in diese – etwas weiter unten angesiedelte – Schublade greifen, ihr werdet immer noch viele Stunden mit einem starkes JRPG verbringen.

Wertung: 7.9 Pixel

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