God of War Ragnarök (Test): Ein göttliches Finale!

von Johannes Hausmair 16.11.2022

God of War Ragnarök verliert keine Zeit und wirft uns ab der ersten Sekunde in ein fesselndes Abenteuer, welches in einem würdigen Abschluss der nordischen Saga gipfelt. Die Fortsetzung greift viele lose Fäden des Vorgängers auf und trumpft in jederlei Hinsicht auf. Knackige Kämpfe, emotionale Momente, fantastische Welten und ein episches Finale warten in diesem absoluten Videospiel-Blockbuster. Man darf gespannt sein, wie Kratos´ Geschichte, Atreus´ Neugier, Odins Pläne, die Schlacht der Götter und vieles mehr unter einen Hut gebracht wird.

Gleich zu Beginn mittendrinn

Auf der ersten Reise um die Asche von Faye – Kratos´ verstorbene Frau – zu verstreuen, hat sich das einst distanzierte Verhältnis zwischen Kratos und Atreus gelöst und durch viele Konflikte haben die beiden zueinander gefunden. Viel Zeit ist seitdem vergangen, der Allvater hat die Reise zwischen den Welten gesperrt und Fimbulwinter zeigt seine Wirkung in Midgard. Kratos und Atreus passen sich den frostigen Umständen an und versuchen nicht großartig aufzufallen. So ganz funktioniert das aber nicht. Atreus ist älter geworden, hat sich charakterlich weiterentwickelt und ebenso sind seine Kräfte gewachsen. Es ist immer noch unklar was sonst noch für Fähigkeiten in ihm schlummern und wer eigentlich Loki ist. Diese Neugier versucht Kratos etwas einzudämpfen, denn er hat hauptsächlich Atreus´ Wohlergehen im Sinn.

Schon nach wenigen Minuten des Beginns, begegnet man einer alten Bekannten und ist voll in der Action. Danach folgt ein kurzer Ausflug durch den Wildwald und hier werden gleich die zwei größten Kritikpunkte des Vorgängers mit einem Schlag eliminiert, Gegnervarianz und Boss-Vielfalt. Danach trifft Kratos auf ein paar Gäste, deren Empfang ganz anders verläuft als ich mir vorstellte. Doch all das war nur die Ruhe vor dem Sturm – also im wahrsten Sinne!

Freya´s Trauer über ihren Sohn Baldur hat sich in brennende Wut entwickelt. Die langersehnte Schlacht mit Thor wird endlich in einem epischen Aufeinandertreffen ausgetragen. Odins verwirrende Taktiken um seinen Wissensdurst zu stillen kommen endlich ans Licht. Während Atreus herausfinden will wer er eigentlich ist und wie Loki mit Ragnarök in Verbindung steht. Das und noch viel mehr steht im Fokus, doch die hauptsächliche Frage ist, können wir die Prophezeiungen ändern, das Schicksal umschreiben und damit Ragnarök verhindern?

Kratos´ epischer Kampf gegen Thor

Kratos´ epischer Kampf gegen Thor

Verbessert in jeder Hinsicht

Innerhalb der ersten zwei Stunden trifft man auf komplett neue Gegner, drei absolut unterschiedliche und atemberaubenden Bosskämpfe und drei lang erwartete Charaktere werden vorgestellt. Die Welt und die Verbindung zwischen den Spielen wird dadurch ungemein bereichert. Die Götter endlich kennenzulernen, die nur aus Geschichten und Texten bekannt sind, übertrifft jede Erwartung. Auch wenn Odins Worte den Anschein von Frieden und Empathie vermitteln, so hat man immer die grausamen Geschichten von Mimir im Hinterkopf und weiß nicht genau was man glauben soll. Der Grad von Gut und Böse ist sehr schmal und manchmal verschwimmt die Grenze, wenn man beispielsweise mit Thors Familienproblemen konfrontiert wird. Auch er versucht wie Kratos seine Familie zu beschützen und das wird in wunderbaren Filmsequenzen zum Thema gemacht.

Die Geschichte greift jede Kleinigkeit des vorigen Abenteuers auf und knüpft daran an. Ob es große Teile der Geschichte, kleine Details von Nebencharakteren oder Geschichten von Mimir sind. Selbst Kratos erzählt von seiner Vergangenheit in Griechenland und es gibt viele Referenzen bezüglich dem riesigen mythologischen Universum. Im Vergleich mit anderen Spielen erreichen diese Erzählungen durch das hervorragende Talent der Schauspieler:Innen ein neues Level.

Kratos und Atreus - God of War Ragnarök

Kratos und Atreus am Beginn des Abenteuers

Die neunWelten

In God of War Ragnarök können alle neun Welten bereist werden, so lernen wir mehr über die Herkunft der Schmiedebrüder Brok und Sindri, sehen die Konsequenzen unserer Taten im Albenkrieg und lernen viele von Asgards Göttern kennen. Genau so faszinierend wie die Geschichten ist die Vielfältigkeit dieser Welten. Fimbulwinter wirkt sich auf jede Welt anders aus und brachte viel Veränderung in den letzten Jahren mit sich. Midgard ist inzwischen ein eisiges Schneeland, Nidavellir/Svartalfheim wird von Eruptionen und Geysiren durchgerüttelt und der bezaubernde See in Alfheim ist in nun zu einem wüsten Ödland ausgetrocknet. Jede Welt, auch schon bekannte, bieten Neues zu entdecken und beeindrucken mit atemberaubenden Landschaften die darauf warten erkundet zu werden. Leider haben nicht alle Welten den gleichen Umfang. Während bei den Alben und Zwergen sehr viel erkundet werden kann, hat man in Muspelheim und Niflheim nur wenig zutun.

Auch wenn God of War Ragnarök für die PlayStation 4 erhältlich ist, sieht es erstaunlich aus. Man darf keinen großen Grafik-Sprung erwarten aber in den Details steckt der Teufel. Artstil, Animationen, Flora und Fauna sind wirklich beeindruckend gestaltet. Charaktermodelle sind nochmals detaillierter ausgearbeitet und auf PlayStation 5 kann natürlich zwischen Grafik und Performance-Modus entschieden werden. Das einzige was vielleicht auffällt sind die berühmten Korridore durch die man sich durchzwängt, sodass das Spiel im Hintergrund die nächsten Gebiete laden kann. Aber manchmal dient das auch dem Überraschungsmoment.

Der Weg ist das Ziel

Jede Welt halt eigene Rätsel die es zu lösen gibt. Das Reich der Zwerge sticht mit Ingenieurskunst heraus. In den Minen und rund um ihre Stadt finden sich verschiedene Bauwerke und verwirrende Mechanismen. An der Oberfläche frieren wir Geysire mit der Axt ein und schwingen mit den Klingen zwischen Kränen hin und her. In Alfheim werfen wir die Axt gegen Dämmersteine, wodurch sie abprallt und neue Wege öffnet. Und mit Sigel- und Schallpfeilen lassen sich Elemente verketten, um unerreichbare Objekte zu verbrennen oder festzufrieren. Die Rätsel sind abwechslungsreicher gestaltet und bieten oft Kombinationen von verschiedenen Techniken, bleiben  im Grunde aber sehr einfach. Sollte man trotzdem Schwierigkeiten haben, sagen die Begleiter meist nach wenigen Sekunden bescheid wie etwas zu lösen ist.

Kratos kämpft gegen Jäger

Kratos kämpft gegen Jäger

Axt, Klingen und noch Mehr?

Das Kämpfen ist epischer denn je, egal wie klein oder groß der Gegner noch ist. Hinter jedem Schlag steckt eine herrliche Wucht und coole Animation. Die neuen Angriffe von Oben bringen Vertikalität und Schnelligkeit aufs Schlachtfeld. Kratos zieht sich mit den Chaosklingen an Kanten und Gegnern heran und springt von Vorsprüngen mit gewaltigen Angriffen herunter.

Verteidigung ist doch der beste Angriff. Verschiedene Schilde schaffen neue Möglichkeiten Gegner zu parieren und durch die Luft zu schleudern. Der furchtlose Schild verlangt schnelle Reaktionen und ist auf Konter ausgelegt. Mit perfekten Paraden entfesselt man einen vernichtenden Schlag welcher einzelne Gegner wegkatapultiert. Dagegen kann man mit dem Steinmauernschild nur blocken und Energie sammeln, welche dann bei voller Ladung als Schockwelle mehrere Feinde zurückwirft.

Doch auch neue Fähigkeiten und Waffen in Kratos und Atreus Arsenal bringen frischen Wind. Atreus Magie ist mit ihm gewachsen und nun viel stärker. Er ist  viel eigenständiger und haut Gegner auch ganz alleine um. Kratos hat auch dazugelernt und kann nun seine Waffen mit den jeweiligen Elementen versehen und starke Elementangriffe ausführen. Das Arsenal wird mit vielen Fähigkeiten ergänzt und um erworbene Skills zu verbessern, müssen sie genutzt werden. Das bewirkt den stetigen Drang verschiedene Moves zu kombinieren um so das komplette Kampfgeschick von Kratos zu nutzen. Sollten das immer noch nicht genug an Neuerungen sein, so darf man sich auf weitere Helfer im Kampf, eine neue Waffe und einen neuen Spielbaren Charakter freuen.

Kratos kämpft mit einem neuen Schild - God of War Ragnarök

Kratos kämpft mit einem neuen Schild

Nahezu perfekt

Durch die Tatsache, dass entschieden wurde die nordische Geschichte in zwei Spielen zusammenzufassen, kommt manchmal das Gefühl auf, dass manche Charaktere nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt wird. Während im ersten Teil der nordischen Saga der Fokus auf einer Handvoll Charaktere und die Geschichte zwischen Kratos und Atreus gelegt wird, werden wir in Ragnarök mit einem Haufen an neuen Gesichtern, Namen, Geschichten und Ereignissen bombardiert. Der Spannungsaufbau zur Schlacht ist sehr gut gelungen, doch leider wirkt dann Ragnarök selbst etwas schnell abgehandelt. Ich hätte mir gewünscht, dass Kratos an der Seite von Jörmungandr und anderen großen Namen kämpft (so wie beim letzten Kampf gegen Baldur). Es ist sehr episch inszeniert aber mir fehlt ein bisschen dieser Avengers Moment, wo alle einen epischen Auftritt haben und dann gemeinsam auf den Feind anstürmen. Hätte man sich für drei Teile entschieden, so könnte ein zweiter Teil noch mehr Spannung aufbauen, neuen Figuren größeren Fokus geben und die Götter besser in Szene setzten. Das hätte dann alles im dritten Teil in einer epischen Schlacht enden können, wo jeder Charakter seinen speziellen Moment bekommt. Trotzdem haben die Entwickler eine hervorragende Arbeit geleistet, sehr viele Ereignisse und Geschichten behandelt und alles in überschaubaren Maß gehalten.

Sonst gibts nichts zu beanstanden. Nur das zu Anfang das Kampfsystem etwas behäbig wirkt – nachdem Kratos in God of War 2018 am Ende eine Super-Kombo-Maschine ist, fängt man in Ragnarök wieder von vorne an. In den ersten Kämpfen wollte ich immer ein paar noch mir bekannte Attacken auszuführen, obwohl Kratos diese wieder verlernt hat. Das Problem löst sich aber schnell, sobald ein paar Skills und Runenangriffe freischaltet werden. Dann jongliert man wieder Gegner wie im Zirkus herum. Vermisst habe ich die Attacken mit bloßen Händen. Die gibt es leider nicht mehr so wie im Vorgänger und ohne Waffe schlägt Kratos nur mit seinem Schild zu.

Ankunft in Nidavellir - God of War Ragnarök

Ankunft in Nidavellir

Ein einzigartig göttliches Erlebnis!

God of War Ragnarök enttäuscht mich nicht so wie Edlen Ring und bringt durch verschiedenste Ereignisse immer neuen Schwung ins Geschehen. Selten fühle ich so tief mit Charakteren mit oder bin nach einem virtuellen Kampf so mit Adrenalin vollgepumpt, dass ich selbst den Olymp besteigen könnte. God of War Ragnarök ergänzt und verbessert die damalig neue Formel um vieles und erzählt dabei eine fesselnde Geschichte mit detailverliebter Grafik, außerordentlichem Schauspiel und hochwertigem Gameplay in überschaubaren aber immer noch riesigem Ausmaß. Es ist ein einzigartiges Erlebnis, welches beide Spiele und sogar das ganze Franchise mit Brillanz verknüpft, viele Weisheiten lehrt und zum Nachdenken anregt.

9.5

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