Michis Serienhighlights #2: Amazon-Primes Mr. Robot

von Michael Neidhart 01.02.2017

Mr. Robot nimmt uns an der Hand und führt uns in die sehr verwirrende und komplexe Welt der Einsen und Nullen. Dass sich auch das alltägliche Leben teilweise schwierig gestaltet und oft unlogisch erscheint, damit kämpft in der preisgekrönten Amazon-Prime-Serie nicht nur der hochbegabte Hacker Elliot. Aber der Reihe nach.

Wie würde ein menschlicher Quelltext aussehen?

Elliot erfüllt das Klischee, das hochbegabten und technikaffinen Menschen anhaftet: Mit sozialen Kontakten tut er sich eher schwer. Das hindert ihn aber nicht daran, zum wichtigsten Mitglied der Firma Allsafe aufzusteigen, einer Firma, die sich auf die IT-Security großer Unternehmen spezialisiert hat. Im Verlauf der ersten Staffel wird sich dieser Name noch als ironischer Verweis auf die absolute Unsicherheit einer technisierten Welt entpuppen.

Elliot hackt am liebsten Menschen. Er will allen ihre Geheimnisse entlocken und leuchtet damit die dunkelsten Abgründe aus. Er macht das aber nicht, um Menschen zu schaden; all sein Tun ist der Prämisse untergeordnet, die Welt zu verbessern. Wie wir dank vieler Filme und Serien bereits gelernt haben, heiligt der Zweck die Mittel. So beschützt er seine Therapeutin vor einem fremdgehenden Mann und befreit seine Nachbarin und Drogenlieferantin aus den Fängen ihres gewaltbereiten Zulieferers. Nicht immer haben Elliots Aktionen jedoch die gewünschten Folgen.

Auftritt Mr. Robot

In der New Yorker U-Bahn soll sich Elliots Leben entscheidend verändern. Der mysteriöse und titelgebende Mr. Robot quatscht ihn mit verwirrenden, aber Interesse weckenden Worten an, und Elliot, der Hacker, hängt am Haken. Er soll sich der Hackergruppe F-Society anschließen, deren Ziel es ist, die Welt zu verändern. Sie bietet Elliot die Chance, seinem Tun endlich die gebührende Bühne zu geben und die Welt in ihren Grundfesten zu erschüttern.

Bist du eine 1 oder eine 0? Wirst du etwas unternehmen?

Mr. Robot ist nicht der freundliche Ben Kenobi, der unseren Helden sanft an der Hand nimmt und auf den Pfad der Weltrettung führt. Er ist eher ein rauer und verrückter Zeitgenosse, der auch nicht davor zurückscheut, Elliot einfach so über den Pier zu schubsen. Alles läuft auf die Frage hinaus, ob Elliot eine 1 oder eine 0 ist: Fließt Strom durch ihn oder nicht?

Mr. Robot

Quelle: Amazon Prime.

Radikale Umverteilung

Die erste Staffel von Mr. Robot wartet mit einigen überraschenden Wendungen auf und wurde 2016 zu Recht mit einem Golden Globe als beste Dramaserie ausgezeichnet. Dahinter verbirgt sich nicht nur eine Serie, die den zunehmenden Boom und die zunehmende Aktualität des Hackermilieus aufgreift, sondern waschechte Kapitalismuskritik gepaart mit den psychologischen Folgen einer immer vernetzter werdenden Welt und der schwierigen Suche nach der eigenen Rolle darin. Ziel der F-Society ist die radikale Umverteilung allen Vermögens; als Mittel zur Umsetzung dieser Idee dient das Hacken.

Als Sinnbild einer korrupten und verstörenden Welt hat Regisseur Sam Esmail die E-Corp, das größte Monopol der Welt – in der Serie stets als Evil Corp bezeichnet –, kreiert. Sie zu bekämpfen ist das erklärte Ziel der F-Society: Sie will damit alle Schulden dieser Welt tilgen und die Menschen befreien. Im Verlauf der ersten Staffel treten aber Elliots psychische Probleme immer stärker in den Vordergrund und werden zu einem immer größeren Problem – nicht nur für die F-Society, sondern auch für uns ZuschauerInnen. Die Handlungsstränge winden sich immer stärker umeinander, und es bedarf eines klaren Kopfes, um in dieser Welt den Überblick über Gut und Böse zu bewahren.

Befreiende Selbstgespräche

Zum Glück gibt es die Stimme aus dem Off, die uns wie ein klassischer, auktorialer Erzähler immer wieder an der Hand nimmt und das Geschehen zusammenfasst. Es ist Elliots Stimme, und er spricht uns, die ZuschauerInnen, damit direkt an. Wir fungieren als sein/e persönliche/r, selbst geschaffene/r TherapeutIn, der/die ihn auf seinem Pfad begleitet. Dieser Pfad führt ihn durch grandios gestaltete Settings und wird von einem noch besseren Soundtrack untermalt. Wie die Titel der einzelnen Episoden sind die Dialoge und die Musik ein Rekurs auf die Welt der Nullen und Einsen und ziehen die ZuschauerInnen immer tiefer in ihren Bann. Die Lust an der nächsten Episode generiert sich nicht aus offensichtlichen Cliffhangern, sondern aus der puren Neugier, den weiteren Verlauf von Elliots Pfad sehen zu dürfen.

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Es sind die kleinen Highlights, wie zum Beispiel die Episodentitel, die jeweils die Endung eines anderen Mediendateityps haben, die Mr. Robot zu einer großartigen Serie machen. Hinzu kommt der überragende Rami Malek – ihr kennt ihn vielleicht aus dem Spiel Until Dawn – in der Hauptrolle des Hackers Elliot. Nie habe ich so tief sitzende Augenringe gesehen (außer vielleicht beim Blick in den Spiegel nach einer 48 Stunden langen LAN-Party). Genau diese Details machen Mr. Robot neben dem brandaktuellen Thema zu genau der großartigen Serie, die sie ist.

Wertung: 9 Pixel

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