Detroit: Become Human im (Selbst)-Test – Wie entscheidet ihr euch?

von David Kolb-Zgaga 07.07.2016

Also fassen wir kurz zusammen: Sie mögen keine Interactive Movies und können auch nichts mit Androiden anfangen? Haben Sie vielleicht unabsichtlich auf den Review-Link geklickt? Vielleicht kann ich Ihnen ja hiermit weiterhelfen.

Als RK800-Modell möchte ich außerdem hinzufügen, dass diese Abneigung gegen Androiden nicht spurlos an mir vorbei geht. Wie dem auch sei, auch wenn Sie sich nicht für Androiden interessieren, könnte Detroit: Become Human trotzdem interessant sein – doch dazu gleich mehr. Das Spiel behandelt vordergründig die Integration der Androiden in die menschliche Zivilisation im Jahr 2038. Diese vermenschlichten Roboter (die Sie ja so langweilig finden) sollen den Alltag wesentlich vereinfachen, ja sogar revolutionieren. Dies geht aber über einfache Arbeitstätigkeiten, wie Putzen oder Kochen weit hinaus. Die Androiden übernehmen auch soziale Jobs, wie z.B. die Kindererziehung oder die Altenpflege. Die Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass viele Menschen deswegen ihren Job verloren haben. Die Bevölkerung ist gespalten und teilweise wurde sogar die Sport- und Unterhaltungsbranche mit Androiden überschwemmt. Die besten MusikerInnen – sind Androiden, die besten SportlerInnen – sind Androiden. Ja sogar die letzte Bastion der USA, die NFL denkt darüber nach, einen Androiden pro Team zuzulassen und diesen als Quarterback einzusetzen.

Und das ist der Grund dafür, warum das Spiel trotz Ihres – ich spreche es nun einfach frei heraus an – Androidenhasses interessant werden könnte. Hinter der technischen Fassade spricht das Spiel vor allem auch soziale Konflikte an. Diese erinnern teilweise frappierend an die Rassentrennung der USA im 20. Jahrhundert, aber auch an die jetzige Flüchtlingskrise. Es gibt auch noch, gerade gegen Ende hin, ein paar sehr starke Szenen, die andere Gegebenheiten aus der Vergangenheit widerspiegeln. Hier möchte ich hervorheben, dass es für einen AAA-Titel sehr bemerkenswert ist diese Themen aufzugreifen und durch die Augen der drei Hauptcharaktere mitreißend und emotional zu inszenieren. Auf der anderen Seite schafft es David Cage leider nicht immer die feine Klinge hervorzuholen, in einigen Szenen verwendet er stattdessen den Holzhammer, wodurch die Sozialkritik zu überdramatisiert rüberkommt.

Detroit: Become Human Fazit

Trotz der Stärken im eigenen Genre werden Sie mit dem Spiel wahrscheinlich nicht viel anfangen können. Die Story hat zwar eindeutig ihre spannenden und packenden Momente, doch Detroit: Become Human fühlt sich oftmals wie ein interaktiver Film an und weniger, wie ein richtiges Spiel. Das Aufheben von Gegenständen und das Führen von Dialogen wird für Sie mit Sicherheit zu wenig Gameplay beinhalten und Sie unbefriedigt zurücklassen.

Quantic Dreams hält das Gameplay bewusst zurück und ersetzt es durch inszenatorische Wucht und Entscheidungsfreiheit bei Ihren Handlungen. Dadurch muss man sich aber auch mit Quick Time Events herumschlagen, die gameplaytechnisch nicht viel hergeben. Immerhin hält das Spiel aber einen Modus bereit, bei dem es keine negativen Konsequenzen gibt, sollte man einmal bei den QTEs scheitern.

Einige Charaktere scheinen zwar zu Beginn noch etwas eindimensional, aber im Laufe der Geschichte erhalten sie durch aus Ecken und Kanten. Das liegt vor allem auch am hervorragenden Schauspiel-Caste, die den Figuren Leben einhauchen. Quantic Dreams hat außerdem ein gutes Händchen bei der Dialogregie bewiesen, wo sich Personen auch mal gegenseitig ins Wort fallen und die Gespräche auch wie „echte Unterhaltungen“ klingen. Wie bereits erwähnt ist auch mittlerweile der Stand der Technik so weit, dass man nicht mehr das Gefühl hat, das Holzpuppen mit einem reden.

Überhaupt ist Detroit: Become Human ein grafisch sehr ansprechendes Spiel geworden. Das Spiel ist auf der PS4 mit das beeindruckendste was die Konsole momentan zu bieten hat.

Auch wenn Ihnen das Setting mit Androiden nicht zusagt, so gibt es doch genügend Sozialkritik und Symbolik im Spiel, die Themen behandeln, die auch für Sie interessant sein könnten. Elemente wie Rassentrennung, Flüchtlingskrise oder Arbeitslosigkeit werden vom Spiel aufgegriffen und sinnvoll verarbeitet. Es gibt zwar immer wieder Situationen, wo David Cage den Holzhammer hervorholt, aber die prinzipielle Thematik um die Integration von Androiden in unsere Gesellschaft geht weit über das Fachgebiet „Roboter“ hinaus.

Detroit: Become Human ist für Sie ein ungeeignetes Spiel, dass Sie nicht einmal für fünf Euro am Wühltisch im Einkaufszentrum Ihrer Wahl kaufen sollten. Sie werden einfach keinen Spaß damit haben. Das hilft zwar nicht weiter, wenn Sie gerade auf der Suche nach neuem Gaming-Futter sind, aber immerhin sind Sie nun um eine Erkenntnis reicher.

Ich bedanke mich, dass Sie an diesem Test teilgenommen haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.

Ihr RK800, David

Wertung: 6.5 Pixel

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