Warcraft II – Tides of Darkness im Test #ThrowbackThursday

von postbrawler 04.08.2016

Command & Conquer oder Warcraft? Diese Frage stellten sich 1996 viele junge Menschen – mich eingeschlossen. Zu Zeiten, als Echtzeitstrategie den Markt dominierte, und Westwood noch eine eigenständige, etablierte Größe am Videospielemarkt war. Warcraft II – Tides of Darkness bot ein farbenfrohes Fantasy-Setting mit Ogern, Trollen und strahlenden Rittern. Command & Conquer hingegen hatte gerade den kalten Krieg für sich entdeckt, und mit Red Alert ein fiktionales Zeitreise-Szenario rund um Einstein, Stalin und Hitler ersonnen.

warcraft_2

Die 90er takteten in MHz

Im Gegensatz zu Mari hatte ich statt einem Hasi anno dazumal immerhin schon einen altersschwachen 486er DX2 mit 33 MHz (!) im Turbo-Boost. Mit an Bord: ein SoundBlaster 16, ein Floppy- und ein Single-Speed CD-ROM Laufwerk und 512 MB Festplatte. Gerade mal genug um das für damalige Verhältnisse High-Tech Betriebssystem Windows 95 darauf zu betreiben.

Eine folgenschwere Entscheidung

Also „Warcraft oder C&C?“, fragt sich der damals 15 jährige Berni als er im Libro seines Vertrauen steht, und die Schuhkarton-großen Schachteln mit den fantastischen Artworks darauf betrachtet. Die auf Glanzpapier gedruckten und etliche Seiten starken Gebrauchsanleitungen, die den Kartons beiliegen, sollten Aufschluss über diese Frage geben. Klar kann man die Schachteln einfach öffnen, alles rausnehmen und genauestens untersuchen, denn wer klaut denn bitteschön Computerspiele?

Gul'Dan in Warcraft II - Tides of Darkness

Die Games-Abteilung ist grade mal so groß wie ein einzelnes Regal der Musikabteilung, und man findet dort alles bunt gemischt. Super Nintendo Cartridges liegen verstreut zwischen PC-Spielen und Playstation-Silberlingen. Auch Gameboy-Spiele und diverses Zubehör stapeln sich da auf unüberschaubaren 3 Quadratmetern. Ich entscheide mich für Warcraft II, weil die Systemvoraussetzungen besser zu meinem PC passen, und weil die Auflösung sagenhafte 640×480 Bildpunkte beträgt!

Für alle, die jetzt enttäuscht ihre Maus Richtung „X“ dieses Browserfensters bewegen: Ich werde natürlich zu C&C: Red Alert auch noch was schreiben. Aber das ist eine andere Geschichte, und soll an einem anderen #ThrowbackThursday erzählt werden.

Sechs Jahre sind vergangen …

Zu Hause angekommen gleich die Silberscheibe in das erwartungsvoll surrende CD-ROM Laufwerk geschoben. Noch schnell die Hausaufgaben fertig gemacht, bis der Spaß installiert ist,  und dann ab nach Azeroth! „Sechs Jahre sind vergangen, seit dem ersten Krieg zwischen Menschen und Orcs …“ Kriegsschiffe der Horde schippern vor blutrotem Himmel einer unheilvollen Küste entgegen. Midi-Geklimper, Gänsehaut! Das Intro ist von Warcraft II ist bis zum heutigen Tage legendär:

… am Horizont wogen die Wellen der Finsternis! Muhaharrr!

Wem die Musik darin bekannt vorkommt – richtig, die wurde für die World of Warcraft Haustierkämpfe recycelt. Man kann die Warcraft II CD übrigens auch in den CD-Spieler einlegen, und sich alle Musikstücke der Reihe nach anhören. Als Hidden-Track auf der Expansion-CD Beyond the dark Portal befindet sich ganz am Ende noch ein Lied namens I’m a Medieval Man. Das wurde von Blizzard als Parodie auf Command & Conquers „Mechanical Man“ aufgenommen, und lässt sich auch als Cheat im Spiel freischalten. Okay, genug der Grafikorgasmen dank Blizzard-Render-Videos der 90er, rein ins echte Spielgeschehen.

For the Horde!

Natürlich entscheide ich mich für die wilde Horde! Strahle-Ritter in Ketten-Strumpfhosen, die auf Ponys reiten sind was für Leute, die im Turnunterricht nicht bis ans Ende der Kletterstange kommen. Im Missionstext werde ich über meine bevorstehenden Aufgaben gebrieft. Ich soll den Oger Cho’Gall eskortieren, und dafür sorgen dass er überlegt. Hätte ich 1996 schon gewusst, was Cho’Gall für eine miese Verräter-Socke wird, ich würde ihm die Eskorte verweigern! Aber jetzt befehlige ich den monströsen, 2-köpfigen Oger durch eine bewaldete Karte und Hacke mit seiner Hilfe spielend leicht Allianz-SoldatInnen um. „Bin bereit, [Aber ich nicht]“ quäkt es aus dem Mini-Lautsprecher. Einig waren sich die beiden Köpfe anscheinend schon damals nicht. Insgesamt kann ich neun Einheiten mit meiner Maus-Selektion befehligen. Nicht viel im Vergleich zu heutigen RTS Spielen wie StarCraft II.

Warcraft II - Tides of Darkness

Schwer zu erkennen, aber die 10 gelben Pixel mit der grünen Umrandung sind Cho’Gall!

Richtig lustig wird Warcraft II aber erst, wenn ich meine eigene Basis hochziehen darf. Peons stapfen zur Goldmiene und forsten die umliegenden Wälder ab.  Aus der Kaserne ertönt grunzender Kampflärm bevor meine ersten Ork-KriegerInnen daraus hervorströmen. Verteidigen, vorrücken, befestigen! Das Grundprinzip der Echtzeitstrategie hat sich seither kaum verändert.

Zu Land, zu Wasser und in der Luft

Warcraft II - Tides of Darkness

Auch zu Wasser und in der Luft expandiere ich in alle Richtungen. Als neue Ressource für die Errichtung von Kriegsschiffen hat Warcraft II Öl eingeführt. Das fördere ich aus küstennahen Ölfeldern, und transportiere es mit Tankschiffen in meine Raffinerie. Nachdem alle GegnerInnen von der Map vertrieben wurden, unterrichtet mich der Sieges-Bildschirm über meine Effizienz, meinen Ressourcenhaushalt und die geradezu lachhafte Unterlegenheit meiner Feinde.
OrcDragon

Alle paar Missionen gibt’s als Belohnung ein sehenswertes Rendervideo. Wenn der erste feuerrote Drache seiner Höhle entsteigt, um sich an meiner Seite in die Lüfte zu erheben ist das wieder einer dieser Gänsehaut-Momente! Berühmte Warcraft Figuren trifft man in den Missionen alle Nasen lang an. Da sie aber keine besonderen Fähigkeiten besitzen, lasse ich sie lieber in der Basis stehen, um durch ihr Ableben nicht den Erfolg der Mission zu gefährden. Die StreiterInnen der Gegenüber-Seite zu vermöbeln macht dafür umso mehr Spaß. Sir Uther Lightbringer oder Anduin Lothar unter meinen  Stiefeln Dreck fressen zu lassen, bereitet eine besondere Genugtuung.

grunt

Auch auf LAN-Partys der Hit

Nachdem erst Starcraft 3 Jahre später die Echtzeitstrategie durch völlig unterschiedliche Rassen revolutionierte, spielen sich die Armeen der Allianz und der Horde in Warcraft 2 ziemlich deckungsgleich. Statt Oger-Magiern führen die Rittersleut Magier ins Feld, und statt Gyrokoptern erheben sich die Grünhäute mit Zeppelinen in die Lüfte. Nichts desto trotz gab Warcraft 2 auch schon 1996 einen recht passablen Multiplayer-Unterhaltungswert ab.

Ob man sich nun in seiner uneinnehmbaren Trutzburg verschanzt um erstmal in Ruhe alles hoch zu leveln, oder gleich wie ein Wilder drauflosexpandiert, hängt ganz vom persönlichen Spielstil ab. Das Spiel ermutigt nicht zu irgendwelchen schablonenartigen Strategien, und erzwingt auch kein rasches Handeln. Lediglich die Goldreserven sollte man im Auge behalten, denn ohne Rohstoffe ist man in Warcraft 2 rasch die Gelackmeierte.

1996 bis heute

Nachdem ich 1996 vom Warcraft-Fieber infiziert wurde, habe ich jeden Serienteil, einschließlich des MMOs Word of Warcraft, und des Science-Fiction Ablegers StarCraft exzessiv gespielt. Ich hoffe inständig, dass Blizzard das Betteln der Fans nach einem vierten Serienteil der RTS-Saga erhört, denn Warcraft hat mich seit meiner Jugend nicht nur für das Genre Echtzeitstrategie, sondern für Computerspiele im Allgemeinen nachhaltig geprägt.

Auch lesenswert: Meine 10 Wünsche für WarCraft 4

Wie sehrt Ihr das? Was sind eure Erinnerungen an Warcraft 2? Schreibt‘s in die Kommentare, und schreibt auch gleich dazu, welche Titel wir für euch aus der 90er-Mottenkiste holen und einer Retrospektive unterziehen sollen!

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[…] dem Battle.NET. Das noch recht junge EntwicklerInnen-Studio hatte sich seine Sporen gerade erst mit WarCraft 2: Tides of Darkness verdient. Danach sollte Diablo folgen, und uns alle in eine neue Dimension des Gamings entführen […]

[…] Marke WarCraft verbinde, ist eine Bleistiftskizze des Orc-Hexenmeisters Gul’dan im Booklet von WarCraft II. Ja, Booklets, sowas gab’s damals noch in den schönen Pappkartonschachteln, die uns in den 90ern […]