STAR OCEAN THE DIVINE FORCE Test (PS5): So nah und doch so fern

von Mandi 05.11.2022

JRPG-Fans haben sich auf STAR OCEAN THE DIVINE FORCE gefreut. Ob der Titel hohen Ansprüchen gerecht wird, zeigt das Review!

Zur Einordnung

Das Star Ocean-Franchise hat immer ein Schattendasein gefristet – was ich persönlich jammerschade finde. Denn sowohl Teil zwei – The Second Story – und Teil drei – Till the End of Time – gehören zu den besten Games, die man in dieser Kategorie finden kann. Doch aus irgendwelchen Gründen haben diese Spiele im Westen nicht so eingeschlagen, und daraus entstanden Kürzungen im Budget, fragwürdige Entscheidungen und weitere Nachfolger. Durch Teil vier (The Last Hope) musste ich mich schon geradezu zwingen, und Teil fünf (zu unserem Test von Integrity and Faithlessness) hatte schon kaum mehr etwas mit der Serie zu tun, was das Feeling anbelangt.

Nun folgt STAR OCEAN THE DIVINE FORCE als Teil sechs der Serie, und ist zeitlich noch vor Teil drei einzuordnen. Das ist aber nicht wichtig, zeigt aber, dass sich das Team von tri-Ace nach wie vor einiges an Gedanken macht, was die Kontinuität anbelangt. Dementsprechend wirkt der neueste Ableger wie ein Mix aus sämtlichen Teilen zuvor, was für Fans ziemlich cool wirkt: Man findet immer wieder einen Brotkrumen, den man schon mal gesehen/gespielt hat. Für Neueinsteiger:innen könnte das Konglomerat an Mechaniken und Kleinigkeiten wiederum zu viel sein, doch das klären wir nun der Reihe nach. Legen wir mal los, und zwar mit dem Start des Spiels.

So beginnt STAR OCEAN THE DIVINE FORCE

Ganz wie in Star Ocean: The Second Story habt ihr auch in STAR OCEAN THE DIVINE FORCE die Möglichkeit, das Abenteuer aus zwei Sichtweisen zu erleben. Ihr könnt zwischen Raymond Lawrence und Laeticia Aucerius wählen, die sich gleich zum Start des Spiels kennenlernen. Ray ist nämlich ein interplanetarer Händler und wird von einem Kriegsschiff angegriffen, was ihn zu einer Notlandung auf dem unterentwickelten Planeten Aster IV zwingt. Dort abgestürzt wird er von Laeticia und Albaird gerettet, die ihm zwar sehr freundlich begegnen, aber mit moderner Technologie wie Raumschiffen, Kommunikatoren und fliegenden Roboterdrohnen absolut überfordert sind.

Langsam nähern sich die Figuren aneinander an, und Raymond wird sich schnell bewusst, dass die Einwohner des Planeten technologisch gesehen noch Hunderte Jahre im Rückstand befinden. Nur gut, dass sie auf Anhieb die selbe Sprache sprechen – das ist ein sehr angenehmer Zufall, der das Leben um vieles einfacher macht. Ray versucht, seine Mitstreiterin wiederzufinden, während sich Laeticia auf einer ganz eigenen Mission befindet. Ehe man es sich versieht, versucht man, ein Heilmittel gegen eine Krankheit zu finden, die ein Dorf befallen hat, zieht gegen Riesenmonster in die Schlacht und erkundet Umgebungen, die teilweise an die Xenoblade Chronicles-Serie erinnern. Es geht also munter dahin in den ersten Spielstunden, doch die Story braucht länger, um in Fahrt zu kommen.

Ohne Zaudern in den Kampf

Damit das zeitintensive Spiel Abwechslung bekommt und nicht langweilig wird, könnt ihr in allen Gebieten immer wieder mit den Monstern kämpfen. Anstatt aber eigene Kampfscreens wie in den alten Star Ocean-Teilen zu bieten, sind Schlachten in STAR OCEAN THE DIVINE FORCE – wenn ihr euch geschickt anstellt – binnen Sekunden vorüber. Wie es sich für ein ordentliches Action-RPG gehört, habt ihr auch hier die Möglichkeit, entweder in den Nahkampf überzugehen oder die Feinde lieber aus der Ferne zu beharken. In der Welt des Spiels gibt es nämlich neben den üblichen Waffen wie Schwert und Dolch auch Magie, die jeder ein bisschen anders nennt – Symbologie wäre der herkömmliche Begriff der Games-Serie dafür.

Damit alles auch ordentlich RPG-Charakter hat, bekommt ihr für jede eurer Figuren Punkte. Diese dürft ihr auf einem Brett (ähnlich dem Sphärobrett in Final Fantasy 10) ausgeben und so Status-Erhöhungen, aber auch aktive und passive Fertigkeiten freischalten. Sind sie ausgerüstet, stehen sie euch im Kampf zur Verfügung! Dieser gestaltet sich übrigens als sehr leichtgängig, wenngleich auch ein wenig unübersichtlich. Denn ihr habt nur eine gewisse Anzahl von Aktionspunkten zur Verfügung, doch durch kluges Attackieren, Ausweichen und Parieren könnt ihr die maximale Anzahl von AP erhöhen. Geschickte Spieler:innen tun sich dann wesentlich leichter, weil das Game euch dafür stark belohnt – so lange, bis ihr einen Fehler macht. Eine Besonderheit gibt es zudem in STAR OCEAN THE DIVINE FORCE

D.U.M.A. rettet die Welt

…nämlich D.U.M.A., eine spezielle Roboter-Einheit, die euch hilft. Die Drohne heftet sich nämlich an die Figur, die ihr steuert, und keine Sorge, das könnt ihr jederzeit ändern. Dank ihr könnt ihr nämlich sowohl im Kampf als auch außerhalb für kurze Strecken fliegen, was für Spaß und auch so manche taktische Finesse sorgt. D.U.M.A. macht es euch einfach, Feinde aus dem Hinterhalt anzugreifen und dafür den Blindside-Bonus zu kassieren (mehr Schaden, kurze Lähmung des Gegners). Doch auch defensiv könnt ihr den Roboter verwenden, so kann er euren erlittenen Schaden reduzieren. Zusätzlich erlaubt es euch STAR OCEAN THE DIVINE FORCE, das Spiel jederzeit zu pausieren und in diesem Stop-Menü eine neue Strategie auszutüfteln oder Gegenstände zu verwenden.

Wie vorhin angesprochen könnt ihr D.U.M.A. auch außerhalb der Kämpfe bei der Erkundung der Welt verwenden. So fungiert die Drohne als eine Art Jetpack, und so lässt sie euch in Sekundenschnelle einiges an Höhe hinzugewinnen. Lila Edelsteine sind überall in der Welt von STAR OCEAN THE DIVINE FORCE versteckt, und sie sind dann Punkte, die ihr für die Verbesserung von D.U.M.A. ausgeben dürft. Generell müsst ihr mit euren Punkten zur Aufwertung eurer Figuren ziemlich gut haushalten, denn wer da nicht vorausplant, tut sich möglicherweise später ein bisschen schwerer. Denn Fähigkeiten könnt ihr nicht nur freischalten, sondern mit den selben Punkten auch hochstufen – wenn ihr euch spezialisieren wollt, könnt ihr das durchaus tun!

Kritikpunkte in STAR OCEAN THE DIVINE FORCE

Dafür verbringt ihr einen Großteil der Zeit in den Menüs von STAR OCEAN THE DIVINE FORCE, und um Gottes Willen, ist das Design schräg. Die Schriften sind klein, die Usability niedrig, und insgesamt macht es keinen Spaß, mit diversen Fertigkeiten zu hantieren. Schade, da das Aufleveln eurer Figuren ein integraler Bestandteil im Spiel ist – so sieht das Menü zwar ansprechend und futuristisch aus, aber das geht leider zu Lasten der Nützlichkeit. Ebenso ein großer Bestandteil des Titels sind die großen und teils massiven Umgebungen, die ihr dank D.U.M.A. in Windeseile durchqueren könnt. Das verleitet einerseits zum Durchmarsch, da ihr im Flug auch Kämpfe problemlos meiden dürft, und andererseits zeigt es, dass die Umgebungen oft sehr leer und fade wirken. Die Größe reicht da der Detailverliebtheit zum Nachteil.

Natürlich kann man nicht umhin, auch die Charaktere ein bisschen zu bekritteln. Es gibt zwar kein grobes Foul zu vermelden und jede Figur hat ihre eigene, teils interessante Hintergrundgeschichte, aber in Wahrheit trifft sich hier eine Gruppe von Klischees. Mich hat das beim Spieldurchlauf zwar nicht gestört, aber es fällt teilweise trotzdem auf, wie vorhersehbar so manche Gespräche ablaufen. Das bringt mich zum letzten Punkt: Auch STAR OCEAN THE DIVINE FORCE bietet die Möglichkeit der Serie von „Private Actions“, also Gesprächen der Figuren untereinander. Sie sind dazu gedacht, den Freundschaftslevel der teilnehmenden Charaktere zu erhöhen, aber in diesem Teil sind sie so gut wie gar nicht zu finden. Wer da nicht jedes Mal wieder herumprobiert und -spaziert, wird viele davon nicht zu Gesicht bekommen. Schade!

Herstellung und Taktik

Generell ist in STAR OCEAN THE DIVINE FORCE das Thema durchgängig, dass ihr vieles nur durch bloßes Herumprobieren schafft. Manche Bosse machen es früh ersichtlich, was ihr für den Sieg tun müsst, und andere lassen euch schon mal verzweifeln. Ob ihr dafür dann andere Charaktere in die Gruppe aufnehmt (das geht ebenfalls blitzschnell) oder die Taktik völlig auf den Kopf stellt – voller Fernkampf statt ausgewogener Truppe -, bleibt euch überlassen. Klar ist auch, dass ihr dafür zu jeder Zeit gut ausgerüstet sein müsst, und wenn ihr euer sauer verdientes Geld in den Schmieden und Gegenstandsläden der Welt des Spiels ausgeben wollt, könnt ihr das tun. So werdet ihr relativ schnell stärker, haltet mehr aus und besitzt mehr Widerstände gegen die unterschiedlichsten Umwelteinflüsse.

Allerdings habt ihr auch die Möglichkeit, alle Arten von Gegenständen zu erstellen und weiters anzupassen. Das System ähnelt ziemlich jenem von Star Ocean: The Second Story – alle Figuren haben ihre eigenen Talente und können somit manches besser und lernen daher manches leichter. Stellt ihr viele Produkte her, werdet ihr wieder – erraten! – mit Punkten belohnt, mit denen ihr eure Figuren weiter anpassen dürft. Auf lange Sicht ist es also definitiv von Vorteil, diese Mechanik nicht außer Acht zu lassen. Zu guter Letzt gibt es auch ein Taktik-Spiel in STAR OCEAN THE DIVINE FORCE, das sich Es’owa nennt. Viele Charaktere spielen es und das einzigartige Schachfigurenspiel ist eine nette Ablenkung zur restlichen Action, ähnlich wie die Minispiele in der Final Fantasy-Serie.

Die Technik von STAR OCEAN THE DIVINE FORCE

Das Team von tri-Ace bleibt seiner Tradition treu und bietet auch dieses Mal wieder keine opulente Grafik für den neuesten Ableger der Star Ocean-Serie. Die Optik ist zwar nett und kann stellenweise wirklich überzeugen, gerade, was den farbenfrohen Himmel und so manche Ortschaften anbelangt. Aber das trifft dann wie die Faust aufs Auge auf matschige Texturen, aufploppendes Gras und Lippensynchronisation, die teils wie Satire wirkt. Auch, wenn ich STAR OCEAN THE DIVINE FORCE auf der PS5 (gibt’s auch auf PC) testen durfte, der Titel scheint nicht auf aktuelle Hardware ausgelegt. Noch dazu habt ihr die Option, zwischen einem Grafik-Modus (30 fps) und einem Leistungs-Modus (60 fps) zu wechseln. Ganz ehrlich: Nur der Leistungs-Modus macht Spaß, und selbst der ruckelt manchmal.

Bei der Musik habe ich schnell mal die Hintergrunduntermalung leiser gedreht. Sie wirkt teils unpassend und kämpft mit all den anderen Soundeffekten um eure Aufmerksamkeit, das ist richtig schräg. Die englische Sprachausgabe hält sich ganz wacker, aber von den Socken bin ich da niemals gewesen. Puristen stehen ohnehin auf das japanische Original inklusive überzeichneter Reaktionen! Bleibt noch die Steuerung von STAR OCEAN THE DIVINE FORCE zu erwähnen: Sie ist in Ordnung, was die reinen Controller-Eingaben angeht. Doch bei allem, was da teilweise im Kampf los ist (inklusive D.U.M.A.-Unterstützung), bei all den Effekten gepaart mit der richtig kleinen Schriftgröße – da fehlt es einfach an Übersicht! Möglich, dass tri-Ace noch Anpassungen vornimmt, ich denke aber nicht.

Das Fazit zum Spiel: Ein Schritt vorwärts

Als Fan der Star Ocean-Serie hat man es seit Jahren nicht leicht. Man hat sich schon damit arrangiert, dass die Spiele so etwas wie die B-Movies in der Games-Landschaft sind, aber ein richtiger Must-have-Titel ist schon länger nicht mehr dabei gewesen. In diese Riege reiht sich auch das aktuelle STAR OCEAN THE DIVINE FORCE nahtlos ein: Die Story des Spiels passt, die Charaktere sind in Ordnung, und das Kampfsystem – wenngleich etwas unübersichtlich – verleiht dem knapp 35-40 Stunden dauernden Spieldurchgang seinen Pepp. D.U.M.A., die fliegende Drohne, ist eine sinnvolle Ergänzung sowohl außerhalb als auch im Kampf, und nach einem langatmigen Start nimmt der Plot an Fahrt auf, der dann am Schluss richtig aggressiv alle losen Enden miteinander verknüpft.

Doch der Weg dorthin ist nicht immer rosig, die kleine Schriftart verleidet es schnell, Tutorials zu lesen und die Punkte zum Aufwerten der eigenen Figuren zu verwenden. Zudem ist es unglaublich, wie mühelos der Titel zwischen Wow-Grafik und jähen Stilbrüchen wie Pop-in-Effekten, niedrig aufgelösten Texturen und leeren Umgebungen herumspringt. Das muss im Jahre 2022 echt nicht mehr sein, und dennoch hat tri-Ace zumindest zum Launch des Spiels genau das gemacht. Sollte es einen weiteren Titel in der Serie geben, wünsche ich mir, dass sich das Team noch einmal die Teile zwei und drei näher anschaut. Da waren die Menüs, die Mechaniken wie auch die Story grandios und zugänglich zugleich. STAR OCEAN THE DIVINE FORCE ist dennoch ein Schritt in die richtige Richtung! 

Wertung: 8.0 Pixel

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