Samsung Galaxy Note 8 im Test – Fenster zur Welt

von postbrawler 26.09.2017

Zwei Wochen lang hatte ich einen ganz besonderen Begleiter bei mir: Samsungs Wiedergutmachung an die Fans großer Displays und Stifteingabe, das Samsung Galaxy Note 8. Und wer mir jetzt mit sarkastischem Unterton Glück wünscht, dass mir das Gerät nicht um die Ohren fliegt, dem sei gesagt: Sowas passiert einem Industrie-Giganten wie Samsung kein zweites Mal.

Galaxy Note 8

Das Testgerät wurde uns dankenswerter Weise von A1 zur Verfügung gestellt.

Schönheit aus Glas und Pixeln

Das Note 8 sieht aus, als wäre es aus einem einzigen puristischen Stück Glas geschliffen

Nennen wir das Kind beim Namen: Während Apple das iPhone-Design zum vierten Mal recycelt, ist es Samsung gelungen, sich zum unangefochtenen Design-Kaiser aufzuschwingen. Das Note 8 ist, wie seine kleinen Geschwister S8 und S8+, eine echte Schönheit! Nichts erinnert mehr an die einstigen Plastik-Handys, für die Galaxy-AnhängerInnen jahrelang von iPhone-Fans belächelt wurden. Das Note 8 sieht aus, als wäre es aus einem einzigen puristischen Stück Glas geschliffen. Die geschwungenen Ränder gehen nahtlos ins Gehäuse über, und nur ein schmaler Bereich an der Ober- und Unterseite des Smartphones bleibt der verbauten Sensorik geschuldet.

Die Größe verdient den Namen Flaggschiff!

Galaxy Note 8 Cover

Bei aller Schönheit darf man nicht vergessen, dass es sich beim Galaxy Note 8 um ein Gerät der Phablet-Kategorie handelt. Mit 162.5 x 74.8 x 8.6 Millimetern Abmessung und fast 20 Dekagramm Kampfgewicht ist das Note 8 alles andere, als ein Leichtgewicht. Zwar begünstigen das 2:1-Seitenverhältnis und die seitlichen randlosen Kanten eine schlanke Bauweise, mit 6,3 Zoll Diagonale  zählt das Display des Note 8 jedoch zum Größten, was der Smartphone-Markt zu bieten hat. Menschen mit kleinen Händen werden damit keine Freude haben, und selbst „Großpratzige“ wie ich tun sich schwer, das Gerät mit einer Hand zu bedienen. Diesen Anspruch erhebt Samsung mit der Note-Reihe aber gar nicht, wie auch der beigelegte S-Pen vermuten lässt.

Super AMOLED tritt gegen Super Retina an

Galaxy Note 8 - Der Bildschirm

Das Display des Galaxy Note 8, mit dem iPhone 7 Plus aufgenommen

Leuchtstarke 1.240 nits lassen jedes iPhone-Display regelrecht im Dunklen tappen

Soviel zur Größe und Form des Gerätes, das fast zur Gänze aus Display besteht. Aber wie sieht es mit dessen Auflösung, Helligkeit und Farbtreue aus? Hier schickt Samsung den Begriff Super AMOLED gegen Apples Super Retina Display ins Rennen um das schönste Display 2017. Ironisch, dass beide Panels aus den Werken des südkoreanischen OLED-Monopolisten stammen. Beim Eigenbedarf pickt sich Samsung aber die Kirschen aus dem Kuchen. Mit einer nativen Auflösung von 2960×1440 Pixeln und einer Pixeldichte von 521 PPI steckt das Note 8 die Konkurrenz locker in die Tasche. Auch in Punkto Leuchtkraft überlässt Samsung seinem Erzrivalen nur mehr die Kuchenkrümel. Leuchtstarke 1.240 nits lassen jedes iPhone-Display regelrecht im Dunklen tappen. Dieser Vorteil macht sich vor allem bei HDR-Videos (HDR10) bemerkbar. Bei der Sättigung setzt Samsung gewohnt auf kräftige, knallbunte Farben. Das kann man mögen oder nicht. Jedenfalls kann sich die 141-prozentige Abdeckung des sRGB Farbspektrums durchaus sehen lassen.

Galaxy Note 8 Makro-Aufnahme

Das Display des iPhone 7 Plus, mit dem Galaxy Note 8 aufgenommen

Innenleben und Performance

Beim Innenleben hegt Samsung weiterhin die Devise: Klotzen statt kleckern! Am europäischen Markt schlägt im Note 8 ein Exynos 8895 Octacore-Prozessor im 2,3 GHz-Takt, während 6 Gigabyte RAM für ausreichend Zwischen-Speicherplatz sorgen. Der Flash-Speicher ist mit 64 GB nicht gerade großzügig bemessen, er lässt sich aber traditionsgemäß mittels SD-Karte auf bis zu 320 GB erweitern. Befeuert wird das Gespann von einem 3300mAh-starken Akku der, dem S-Pen geschuldet, deutlich kleiner ausfällt, als beim Galayx S8+. Der fehlenden Energiezufuhr begegnet Samsung mit einer ab Werk gedrosselten Auflösung und Helligkeit des Bildschirms, sowie aufgebohrten Energieverwaltungs-Optionen. Ich bin trotz UHD+ Einstellung und intensiver Nutzung des Note 8 immer bequem durch den Arbeitstag gekommen. Dem Note 8 geht trotzdem merklich schneller die Puste aus als beispielsweise dem iPhone 7 Plus.

Geekbench: dem iPhone X unterlegen

Galaxy Note 8 Geekbench

© redmondpie.com, Geekbench.com

Das iPhone X legt die Messlatte mit fast 10.000 Punkten schwindelerregend hoch

Wie bei Android-Geräten üblich wirken die Specs auf den ersten Blick der Apple-Konkurrenz deutlich überlegen. Dieser Umstand wird in Vergleichstests von GeekBench aber relativiert. Mit 1815 Punkten im Single-Core-Test schlägt das Note 8 zwar seine Geschwistermodelle S8 und S8+ deutlich, unterliegt aber der rohen Gewalt von Apples A11 Bionic-Chip, der mit 4061 Punkten bereits im Laptop-Territorium fischt. Im Multi-Core-Test erweist sich sogar das ein halbes Jahr ältere S8+ mit über 6000 Punkten als etwas performanter, während das iPhone X die Messlatte mit fast 10.000 Punkten schwindelerregend hoch legt. Diese Werte sind freilich mit Vorsicht zu genießen, denn am Ende des Tages sind es Erfahrungswerte und persönliche Geschmäcker, die über Sieg und Niederlage in der Smartphone-Frage entscheiden.

Fotografie: Voll im Dual-Trend

Galaxy Note 8 Foto vom Sonnenuntergang mit Wolken

Ein Argument, das in der Waagschale der Smartphone-Kaufentscheidung immer schwerer wiegt, ist eine gute Kamera-Performance. Bei Luxus-Begleitern jenseits der 800 Euro-Grenze sind duale Knipser mit optischer Bildstabilisierung mittlerweile Pflicht. Natürlich mischt Samsung in diesem Rennen an vorderster Front mit. Das Note 8 verfügt über zwei 12 Megapixel Kameras an der Rückseite, die mit Lichtstärken von F1.7, respektive F2.4 aufwarten können. Dem allgemeinen Trend trotzend steht die Kamera beim Note 8 nicht aus dem Gehäuse heraus, wodurch das Gerät flach aufliegt ohne übers eigene Objektiv zu wippen. Beide Kameras verfügen über optische Bildstabilisierung und zweifachen optischen Zoom.

Galaxy Note 8 Depth of Field

Natürliches Depth of Field erzeugt eine angenehm artefaktfreie Tiefenunschärfe, wohingegen…

 

Galaxy Note 8 Rapsblumen mit künstlichem Depth of Field Effekt

…künstliches Depth of Field (aus beiden Kameralinsen errechnet) gerade an unruhigen Kanten wie dieser Rapsblume versagt

Noch kein DXOMark

Beim DXOMark, quasi der Geekbench für Kameras, schoss sich das S8 noch auf mittelmäßige 88 Punkte ein. Apples bereits getestetes iPhone 8 Plus übernahm zum Vergleich mit 94 Punkten die vorläufige Führung im Rennen um die Foto-Krone. Ich bin gespannt, wie das Urteil der TesterInnen zum Note 8 ausfallen wird, das wie die Konkurrenz mit künstlichen Depth of Field-Effekten und Image-Postprocessing-Fähigkeiten aufwarten kann.  Frontseitig verfügt das Note 8 über eine 8 Megapixel-Kamera mit F1.7-Blende.

Galaxy Note 8 Foto von der Nintendo Switch

Galaxy Note 8 künstliches Depth of Field (funktioniert nicht immer)

Künstliches Depth of Field funktioniert nicht immer, siehe oberhalb des Autospiegels

Iris-Scan vs. Fingerabdruck-Sensor

Kommen wir von den harten Eckdaten zum Thema Sicherheit und Alltagstauglichkeit. Da wäre zum einen der Fingerabdruck-Sensor zu nennen. Samsung ist es auch beim Note 8 (wie Apple) nicht gelungen, den Sensor unterm Display zu verbauen. Doch während der Apfelkonzern den Scanner beim iPhone X konsequenterweise gleich komplett weglässt, setzt Samsung ihn auch weiterhin an die denkbar unbrauchbarste Stelle am ganzen Gerät: an die Rückseite neben die Kamera.

Was auch immer die KoreanerInnen dazu bewegt haben mag, diese Stelle zu wählen, sie vermiest mir effektiv und nachhaltig die Lust, mein Note 8 auf diese Weise zu entsperren. Ertasten lässt sich das kleine Fenster an der Rückseite kaum, und die haptische Verwechslungsgefahr mit der Kamera birgt eher das Potenzial verschmierter Linsen als der verlässlichen Entsperrung. LG und andere Hersteller haben die Vorzüge rückseitiger Finger-Scanner deutlich eleganter genutzt.

ist Iris-Scan sicherer?

Aber vermutlich legt Samsung gar nicht so viel Wert auf einen alltagstauglichen Fingerprint-Sensor, will man doch, wie schon beim S8, die Vorzüge der eigenen Iris-Scan-Technologie herausstreichen. Dabei reicht es schon, dem Gerät aus ca. 20 cm Entfernung tief in die Augen zu blicken, und Schwupps, ist es auch schon entsperrt. Sicherer ist diese Lösung freilich nicht, und über ihre Bequemlichkeit lässt sich streiten.

Stylus mit Stil: der S-Pen

Galaxy Note 8 S-Pen

Dreh- und Angelpunkt der Note-Reihe ist der mitgelieferte Stylus namens S-Pen. Den gibt es auch beim diesjährigen Modell wieder. Der S-Pen lässt sich mit einem Druck aus der Unterseite des Note 8 herausziehen, was auch das Aufpoppen eines ringförmigen Auswahl-Menüs zur Folge hat. So lassen sich beispielsweise Bildschirm-Fotos aufzeichnen und mit handschriftlichen Verzierungen versehen. Sticky-Notes, animierte GIFs und mathematische Formeln sind dank des S-Pens keine wirkliche Herausforderung für Note-NutzerInnen. Wie schon im leider eingestampften Note 7 operiert der S-Pen gewohnt reaktionsschnell und präzise und kann mehrere Druckstufen und Neigungswinkel unterscheiden. Neu ist beim Note 8, dass man mit den Pen auch am Always-On Display zeichnen kann, während das Gerät gesperrt ist.

Software

Das Samsung Galaxy Note 8 kommt mit Android 7.1.1 inklusive TouchWhiz-Oberfläche an Bord. Ein Update auf Android 8 Oreo wird vermutlich nicht allzu lange auf sich warten lassen. Wer mit der UX von Samsung nichts anfangen kann, darf auch weiterhin auf den Google-Launcher wechseln, um in den Genuss einer weitestgehend originalen Android-Experience zu kommen. Positiv kann hervorgestrichen werden, dass Samsung den Einsatz vorinstallierter Bloatware auf ein verträgliches Minimum reduziert hat. Nicht zu verzeihen ist jedoch der regelrechte Zwang zu Samsungs „intelligentem“ Assistenten Bixby.

Bixby

Als Antwort auf Siri, Alexa und Google Assistant geplant, mag Bixby in asiatischen Gefilden durchaus nützlich sein. Hierzulande ist der Sprachassistent nicht bloß der Konkurrenz meilenweit unterlegen, er lässt sich auch kaum durch Besseres ersetzen. Denn unter den Lautstärkereglern, an der rechten Seite des Gerätes, befindet sich ein dedizierter Bixby-Button. Dieser startet den digitalen Assistenten und lässt sich nicht wirklich ummappen. Es gibt zwar Apps, die genau das versuchen, gegen die geht Samsung aber rigoros vor und lässt sie aus dem Play-Store verbannen.

Aus meiner Sicht tritt Samsung hier das freie Recht der NutzerInnen mit Füßen, die ihr 1.000 Euro-Smartphone mit Fug und Recht individualisieren möchten. Dazu kommt, dass man den Bixby-Button allzu oft versehentlich betätigt, während man die Lautstärke regeln möchte, oder als Gegendruck zum On/Off-Button, der sich auf der gegenüberliegenden Seite befindet. Wenn man das Galaxy Note 8 auch ansonsten als rundum gelungenes Smartphone bezeichnen mag, mit diesem Umstand verbaut sich Samsung viele Sympathiewerte.

Fazit zum Galaxy Note 8

Galaxy Note 8 Cover

Ein geschliffenes Design-Juwel wie das Samsung Galaxy Note 8 muss man am Smartphone-Markt mit der Lupe suchen. Selbst das iPhone X sieht mit seinem Display-Bump irgendwie nach einer Kompromisslösung aus. Augenscheinliche Kompromisse offenbaren sich beim Note 8 erst auf den zweiten Blick. Den Fingerprint-Sensor an der Rückseite hätte man beispielsweise eleganter lösen können. Der Bixby-Button ist so sinnvoll wie ein Kropf und die durchgehende Verglasung ist über die Maßen anfällig für Verunreinigung und Beschädigung.

Ohne Schutzhülle würde ich aber ohnehin kein einziges Flagship-Phone mit vor die Haustüre nehmen. Software-seitig muss man sich mit Spompernadln wie TouchWhiz und Bizby herumschlagen. Das sagenhafte Display und die schiere Power, mit der die Bilder darauf berechnet werden, machen diese kleinen Mängel aus meiner Sicht aber mehr als wett. Auch der Umstand, dass das Note 8 mit Klinkenstecker ausgeliefert wird, und trotzdem IP68-konform wasserdicht ist, weiß zu gefallen.

Menschen mit kleinen Händen werden sich mit dem 6,3 Zoll Display schwer tun, die würden aber ohnedies kaum zu einem Phablet greifen. Samsung hat mit dem Note 8 eindrucksvoll Wiedergutmachung fürs Note 7-Debakel geleistet und eine totgeglaubte Gerätekategorie erfolgreich reanimiert. Wer große, leuchtende Displays mag und gerne mit einem reaktionsschnellen Stylus statt den eigenen Würstelfingern arbeitet, wird das Note 8 lieben!

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