Resident Evil 0 Remastered (PS4) im Test

von postbrawler 21.01.2016

Wer von euch, liebe LeserInnen, erinnert sich noch an den ersten Teil von Resident Evil? Das Spiel der japanischen Firma Capcom erschien ursprünglich im Jahr 1996 als Biohazard und formte das Survival-Horror-Genre maßgeblich mit. Doch im Gegensatz zu anderen Vertretern des gepflegten Gruselns, wie zum Beispiel Alone in the Dark, fristet Resident Evil kein Schattendasein in der Mottenkiste längst vergessener Spielegenres, sondern erfreut sich auch im Jahr 2016 noch großer Beliebtheit. Nach einigen Third-Person-Koop-Shooter-Ablegern und einer mehrteiligen Action-Verfilmung mit Milla Jovovic besinnt sich Capcom in Resident Evil 0 auf die alten Wurzeln: Klassischer Survival-Horror mit knackigen Puzzles, spärlicher Munition und stimmungsvollen Kulissen. Ich habe mir das HD-Comeback von Resident Evil 0 auf der PS4 angeschaut. Was ich davon halte, lest ihr in meinem Review.

Als Kenner und Liebhaber der ersten beiden Teile kann ich mich in die Romantik eines klassischen Resident Evils also ganz gut reinversetzen, oder? Wie bei allen Remakes gilt erstmal Vorsicht walten zu lassen, denn nicht alle Perlen der Videospielvergangenheit sind unseren modernen Gamer-Ansprüchen gewachsen. Könnte man sich heutzutage noch vorstellen, in einem Warcraft-RTS nur vier Einheiten gleichzeitig auswählen zu können? Oder anstelle eines intelligenten Cursors in Point-and-Click Adventures aus einer Textbox Befehle wie „Gehe“, „Nimm“ und „Kombiniere“ wählen zu müssen? An dieser Stelle hat mich Resident Evil 0 eiskalt erwischt, doch schön der Reihe nach.

Erstmal zur Handlung

Bereits vor den Geschehnissen im verlassenen Herrenhaus des ersten Teils gab es im Umland von Raccoon City Vorfälle mit dem gefährlichen T-Virus, der Menschen zu bluthungrigen Zombies mutieren lässt. Die S.T.A.R.S-Spezialeinheiten rund um Rebecca Chambers untersuchen gerade einen verlassenen Zug in den Wäldern von Raccoon City, um einem entflohenen Häftling und Mörder auf die Schliche zu kommen, als der Zug samt Rebecca plötzlich losfährt. Allein als Mädchen zusammen mit einem Mörder in einem verlassenen Zug voller Leichen, der offensichtlich im Kreis durch einen düsteren Wald rast. Unplausibles Grusel-Setting – Check. Durch Türsequenzen getrennte Schlauch-Levels mit fixer Kamera: Old-School-Nostalgie – Check. Ink-Ribbons, ein viel zu kleines Inventar für Heilpflanzen und Munition, sowie eine Lagerkiste als Stauraum: Meep! Keine Stauraum Kiste. Wie bitte? Sechs Inventarplätze, von denen allein die Shotgun samt Munition die Hälfte einnimmt, und keine Kiste?! Ja, ihr habt richtig gelesen. Als spärlichen Trost darf man diesmal zwischen zwei Charakteren wechseln, die es zusammen immerhin auf zwölf der heißbegehrten Slots bringen. Dennoch besteht ein Hauptbestandteil des „Spielspaßes“ darin, Dinge an der richtigen Stelle liegen zu lassen, um keine Extrarunden durch den fahrenden Zug und seine Ladebildschirme drehen zu müssen.

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Tür-Sequenzen-Horror

Ein Feature der ersten Resident Evil-Teile, das zum fragwürdigen Trademark der Serie wurde, sind die Lade-Sequenzen zwischen einzelnen Standbildschirmen, in denen Türen aufschwingen, Treppen überwunden, oder ein Seil erklommen wird. 1996 als notwendiges Übel zur Überbrückung der Ladezeiten zwischen damals technisch beeindruckenden Kulissen eingeführt, sieht man sich 2016 bei Capcom offensichtlich nicht in der Lage, daraus ein optional zuschaltbares Gimmick zu machen. Lieber bestraft man die SpielerIn für einen im falschen Waggon liegengelassenen Eispickel oder den dringenden Wunsch an der Schreibmaschine zu speichern mit nervtötenden, und völlig sinnlosen Spielunterbrechungen, die meines Erachtens in keinster Weise zum Horror-Feeling beitragen. Zwar sind die vorgerenderten Settings schicken Echtzeit-Bühnen samt Kameraschwenks, Beleuchtung und Partikel-Effekten gewichen, meine PS4 sollte die Retro-Grafik trotz Full-HD trotzdem nicht allzu sehr fordern.

Grafisch kein Leckerbissen

Das hohe Alter der Vorlage macht sich vor allen in den Animationen der beiden ProtagonistInnen Rebecca und Billy bemerkbar. Oder besser in der Nicht-Animation von Gesichtsausdrücken, die einem Horrorspiel dringend notwendige emotionale Tiefe verleihen würden. Den wenige Pixel-großen Gesichtern der ersten beiden Teile konnte man diesen Umstand noch verzeihen. In einem HD-Remake wirkt eine „japano-spastisch“ dauergrinsende Rebecca angesichts der Zombie-Bedrohung aber reichlich befremdlich. Auch das Menü und das Inventar folgen strikt die Vorlage, und erinnern nicht nur grafisch, sondern auch in Sachen Bedienkomfort an die Anfänge des Survival-Horrors. Immerhin wurden dem Spiel ein paar schicke Render-Zwischensequenzen spendiert, und auch spätere Levels heben sich erfreulich von der Monotonie anfänglicher Zugwaggone ab. Dennoch hätte ich mir etwas mehr erwartet.

Cleverer Singleplayer-Coop

Immerhin ein Lichtblick verbleibt angesichts dieser Horror-Meldungen, und das ist das Zusammenspiel zwischen Billy und Rebecca. Wenn die beiden nicht gerade in getrennten Räumen rumhängen, kann man der jeweils inaktiven MistreiterIn Befehle wie „warten“ oder „automatisch angreifen“ geben. Wo ähnliche Ansätze zum unweigerlichen Steckenbleiben in Raumecken, exzessiver Munitionsverschwendung oder kopflosen Selbstmorden neigen, verhält sich die KI in Resident Evil 0 fast schon erschreckend clever und berechnend. Doch das reicht leider nicht um in mir die Nostalgie alter Tage zu wecken.

Fazit: Horror, aber nicht wegen der Zombies

Ich kannte Resident Evil 0 noch nicht, und weiß auch nicht, wie ich Anno 2002 auf das Spiel reagiert hätte. Heute geht es mir damit aber wie mit einem alten Game-Boy-Spiel. Ich erinnere mich gerne daran zurück, erschaudere aber beim Gedanken an limitiertes Speichern, begrenzte Leben und aus heutiger Sicht umständliche und unkomfortable Bedienung. Absolut unverzeihlich ist für mich aber der völlig unverständliche Verzicht auf eine Lagerkiste, sowie die sinnlosen, weil immer gleichen und nicht deaktivierbaren Ladebildschirme. Auch das ständige Back-Tracking in immer gleichen Schlauch-Levels und ein blasses und uninspiriertes Finale mit einem nichts-sagenden Bösewicht trösten mich nicht über den Umstand, dass Resident Evil 0 an der Aufgabe Survival-Horror in die Neuzeit zu heben, gescheiter ist. Wirklich empfehlen kann ich Resident Evil 0 eigentlich nur sehr eingefleischten Fans des ursprünglichen Survival-Horrors, die nicht vor den Limitierungen damaliger Spielewelten zurückschrecken.

Wertung: 6.5 Pixel

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