Noah (Blu-ray) im Test

von Max Hohenwarter 19.10.2014

Seit Die Passion Christi vor zehn Jahren in die Kinos kam, gab es vonseiten Hollywoods keine größere Produktion mehr, die ein biblisches Thema abhandelt. Dieses Jahr versuchte sich Darren Arronofsky, der vor allem für seine grandiosen Werke Requiem for a Dream, The Wrestler oder Black Swan bekannt ist, an die Adaption der Geschichte rund um Noah. Ob der Film etwas taugt oder untergeht, lest ihr in meinem Review.

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Facts

  • Genre: Monumentalfilm/Fantasy
  • Vertrieb: Paramount Pictures
  • Regie: Darren Arronofsky
  • Release: 28. August 2014

Story

Die Geschichte um Noah und die Sintflut sollte eigentlich weitläufig bekannt sein. Dennoch hier eine Kurzzusammenfassung: Noah (Russel Crowe), Sohn des Lamech, hat ein beschwerliches Leben mit seiner Frau Naameh und den Söhnen Ham, Japset und Sem. Auf der Flucht vor Tubal Kain (Ray Winstone), der schon seinen Vater erschlug, finden sie ein junges Mädchen namens Ila (Emma Watson), das als Einzige einen der brutalen Raubzüge des niederträchtigen Stammesführers überlebte, und adoptieren sie. Als wäre der tägliche Kampf mit den barbarischen Stämmen nicht schon bedrohlich genug, wird Noah auch von dunklen Visionen einer bevorstehenden Flut, die alles Leben von der Erde dahinrafft, geplagt. Als Tubal Kain kurz davor steht, Noah und seine Familie zu töten, wird dieser von den sogenannten Nephilim, riesigen sechsarmigen Steinwächtern, beschützt, die plötzlich auftauchen.

Er sucht daraufhin die Weisheit seines Großvaters Methusalem (Anthony Hopkins). Dieser gibt ihm ein Samenkorn aus dem Garten Eden, das Noah pflanzt, woraufhin ein riesiger Wald entsteht. Diesen nutzt Noah mit seinen neu gewonnenen golemartigen Beschützern, um eine Arche zu bauen. Auf dieser finden sich, wie weithin bekannt, zwei Tiere jeder Art ein, um dem drohenden Unheil zu entfliehen und später die Welt wiederbeleben zu können. Laut Noahs Visionen beschränkt sich diese Wiederbesiedelung aber auf Tiere. Die Menschen sind aufgrund ihrer zerstörerischen Natur davon ausgeschlossen, und so sollen Noah und seine Familie die letzten Menschen sein, die die neue Welt des Schöpfers betreten. Ihr Leben soll allerdings nach ihrer Pflicht enden – die menschliche Rasse soll mit ihnen aussterben. Kurz bevor das Schiff der Sintflut trotzen muss, versucht allerdings noch Tubal Kain, mit seinen Schergen an Bord zu gelangen, wird aber durch Noah und die steinernen Wächter daran gehindert. Ob er es doch noch an Bord schafft und wie der Schiffsbauer seiner vom Schöpfer erteilten Pflicht gerecht wird, das erfahrt ihr, wenn ihr euch Noah auf Blu-ray, DVD oder VOD zu Gemüte führt.

Bild, Ton und Extras

Der Blu-ray-Standard von 1920 x 1080 Bildpunkten bei 24 Bildern pro Sekunde sorgt bei Noah für atemberaubende Aufnahmen. Die Bildgewalt des Filmes ist unbestreitbar schlicht umwerfend und in der gebotenen Qualität einfach nur klasse. Auch der Ton ist schön abgemischt und sorgt, das entsprechende Sound-System vorausgesetzt, für ein Hörerlebnis der Extraklasse. Die Special-Features-Sektion bietet insgesamt drei Featurettes, die einen schönen Einblick in die Entstehungsgeschichte der Arche geben und der Schönheit der Drehorte in Island Rechnung tragen. Definitiv sehenswert und interessant.

Kritik

Ich bin ein großer Fan des bisherigen Schaffens von Darren Arronofsky. Filme wie Requiem for a Dream und The Wrestler haben mich audiovisuell schlichtweg beeindruckt und tief bewegt. Fast immer liegt seinen Werken das durchaus schwierige Thema der Besessenheit zugrunde. Egal, ob es wie in Requiem for a Dream die Drogensucht, in The Wrestler das Hinterherjagen nach dem Ruhm vergangener Tage oder in Black Swan das zerstörerische Streben nach Perfektion ist. Umso suspekter schien es mir, dass eben jener Regisseur nun einen Bibelfilm macht. Wie soll das funktionieren? Wie verbaut ein derartig tiefgründiger Regisseur sein stets mitschwingendes Grundthema in ein von religiösen Texten inspiriertes Werk? Oder ist er etwa gar dem Mainstream verfallen und pfeift nun auf alte Tugenden? Nicht in geringster Weise. Noah legt nach seinen Visionen einen erschreckenden Fanatismus an den Tag, der in einer Zeit fundamentalistischer Selbstmordattentäter durchaus Aktualität besitzt. Noch dazu kritisiert er die überbordende Arroganz des Menschen, sich als Krone der Schöpfung zu betrachten, sich die Welt Untertan zu machen und dabei der Natur keinerlei Raum mehr zu bieten, sie gar zu unterjochen.

Dies alles greift Arronofsky auf und verpackt es dabei geschickt in die archaische Erzählung über einen verbissenen Fanatiker, der aufgrund von Visionen das Wohl der Menschheit und sogar das der eigenen Familie bereitwillig opfert, nur um einer höheren Macht gerecht zu werden. Nun denkt man vielleicht, dass diese Märtyrerthematik etwas anstößig für das Christentum sein könnte, auf dessen heiligen Text der Film gründet, doch fällt in Noah nie der Name Gott für die Beschreibung der höheren auftraggebenden Entität. Stattdessen ist nur vom Schöpfer die Rede. Selbst Leuten wie mir, die mit Kirche und Religion nichts zu tun haben (wollen), kann man Noah durchaus empfehlen, denn die Grundmessage ist wieder einmal mehr die Obsession. Durch diesen Twist, der den Arche-Kapitän eher zum fanatischen Antihelden denn zum Wohltäter macht, ist die kritische Distanz Arronofskys zur Religion wiederhergestellt, und der Film gerät niemals in die Verlegenheit, großartig pathetisch zu sein.

Was etwas fragwürdig ist, sind die golemartigen Wächter. Diese steingewordenen Nephilim stören das Gesamtkonzept des Filmes meiner Meinung nach und lassen Noah mehr zu einer Fantasygeschichte werden. Auch das Kostümdesign ist gewöhnungsbedürftig, denn vom Stil her wirkt es wie eine grob zusammengeschneiderte Version unserer gegenwärtigen Kleidung. Analog zeigt dies aber auch, dass die Fanatismusthematik durchaus auch in unserer Zeit ein Problem darstellt.

Die Score stammt erneut aus der Feder von Arronofskys Haus- und Hof-Komponisten Clint Mansell. Auch wenn die teils ruhigen, teils schwerfälligen Stücke die monumentale Atmosphäre des Films schön unterstreichen, bleibt Mansells Musik in Noah nicht so sehr im Gedächtnis wie beispielsweise das Gänsehaut erzeugende Lux Aeterna aus Requiem for a Dream.

Ich bin mit relativ geringer Erwartungshaltung in Noah gegangen, weil mich die biblische Thematik doch eher abgeschreckt hat. Ich wurde aber bis auf einige WTF-Momente gut unterhalten. Noah ist zwar sicher der bisher schwächste Arronofsky, allerdings auch der bildgewaltigste, der noch dazu mit einem großartigen Russel Crowe auch Leute überzeugen kann, die mit der Bibel nichts anzufangen wissen, da der Regisseur dieses religiöse Fahrwasser kunstvoll umschifft.

Wertung: 8 Pixel

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