Diablo 4 Test: Fetzerei und Spaß dabei – in der Hölle!

von Max Hohenwarter 06.06.2023

DIABLO 4 IST DAAAAAAAAA! Nach 11 Jahren geht das Looten und Leveln in Sanktuario von neuem los! Mein Diablo 4 Review sagt euch alles, was ihr wissen müsst und gibt ein paar gute Tipps zum Start.

Diablo 4 befindet sich endlich für einen Test auf der SSD meiner PlayStation 5. Nach zwei erfolgreichen Open Betas und einem Serverslam, die ich mit meinem Ehepartner im Couch Koop förmlich eingesogen habe (#gotthepup #missedthehorntrophy) kann ich mich jetzt endlich ohne Level- und Gebietsbeschränkung und später auch mit unzähligen Stunden im Endgame in der Open-Shared-World von Diablo 4 austoben! Meine ganzen Eindrücke, die ich bis dato sammeln und in meinen ersten Stunden in der Vollversion von Sanktuario vertiefen konnte. Meine Pros- und Contras habe ich mit den mannigfaltigen Meinungen von User- und Kritiker:innen auf zahlreichen Plattformen verglichen und ausgehandelt und werde diese in meinem umfangreichen Testbericht darlegen. Ich werde euch außerdem coole Online-Tools und Videos im Review zu Diablo 4 verlinken, damit euch ein effizienter und leichter Start, aber auch tiefer Insight in die Mechaniken hinter dem MMO-igen Hack and Slay Diablo 4 möglich ist. Also bleibt ein Weilchen und lest rein in mein Diablo 4 Review.

Eine vermeintliche Ankündigung oder wie man sie nicht machen sollte

„Is this an out of Season April Fools Joke?!“ wurde bei der BlizzCon2018 und der stark erhofften, doch nicht erfolgten Präsentation zu Diablo 4 gefragt. Nachdem die verdutzten Blizzard Mitarbeiter die Gegenfrage aufwarfen, ob die Leute denn keine Handies hätten, hieß es frei nach William Congreve: „Hell hath no fury, like a gamer scorned!“ Buhrufe folgten und der Weg, den Diablo Immortal beschreiten musste, begann auf vergiftetem Boden.

Fünf Jahre nach der verhassten Blizzard’schen Mobile-only Offensive mit Diablo Immortal (das dann ja doch noch den Weg auf den PC fand) und ganzen 11 Jahren und 28 Seasons in Diablo 3 ist Diablo 4 nun endlich da! Nun können wir Core-Gamer:innen unseren Zorn über Diablo Immortal und das vielgeliebte und -gezockte Reaper of Souls einmotten, die verschmähten Smartphones mit seinem verhassten Pay-to-Win-Dreck-ablo wegpacken und erstmals in der frischen Open World von Sanktuario gediegen looten und leveln, oder? Stay a while and read my review!

Diablo 4: Oh Lore-dy, was ne Story:

„Es is 1997, ich hab noch keine Freundin und die Strahlung eines Monitors bräunt mich..“, könnte ich über die Zeit vor 26 Jahren in Anlehnung an Jein von Fettes Brot wohl rappen, aber lassen wir das. In diesem Jahr erschien der erste Teil von Blizzards erfolgreicher Action-RPG-Reihe Diablo in Europa . Da ich zum damaligen Zeitpunkt gerade noch nicht Besitzer eines eigenen PCs war, sitze ich hinter meinem damaligen Schulfreund und schaue ihm gebannt zu, wie er sich mit seinem Krieger durch die Dämonenbrut schlitzt und lootet. In den 26 Jahren seither sind drei Teile der Hauptreihe inklusive Add-Ons, ein fragwürdiger Smartphone Ableger sowie etliche Bücher und Comics erschienen, die das Universum um den immerwährenden Konflikt zwischen Himmel und Hölle auf ein beträchtliches Volumen haben anwachsen lassen.

Ihr, die ihr eintretet, lasst bloß keine Hoffnung fahren!

Wenn ihr euch jetzt erschlagen fühlt und denkt, ihr müsst erstmal den Bachelor of Hellfires abschließen um da durchzusteigen, seid unbesorgt. Diablo 4 bietet für Neulinge einen perfekten Einstiegszeitpunkt in das Universum um die großen Übel, Nephalem und Co. Einerseits setzt die Geschichte ganze 50 Jahre nach Diablo 3 an, weswegen die Anspielungen für Kenner:innen zwar vorhanden sind und einen netten Fan-Service bieten , für Anfänger aber nicht notwendig sind um der neuen Story rund um Lilith, Inarius, Rathma und die Welt Sanktuario folgen zu können. Wichtige Ereignisse werden aber auch zur Genüge erklärt und Fäden aus den Vorgängern verständlich in neue Storyzweige verwoben um nicht den Überblick zu verlieren.

Death by butterflies no more

Genau werde ich natürlich nicht auf die Story eingehen, um nicht zu spoilen, aber die Tragik, die Blizzard in der Story um die Tochter des Hasses und den Erzengel der Überzeugung auffährt, sucht ihres gleichen und ist endlich wieder ernsthaft erwachsen und teils auch angenehm dramatisch, wie es der altehrwürdigen Hack and Slay Reihe gebührt. Präsentiert wird das Ganze in wunderschönen, gerenderten CGI-Sequenzen für die Blizzard und die Diablo-Serie berühmt sind und atmosphärischen Ingame Zwischensequenzen, in die euer:e Reck:in mit eingebunden ist. Den cringigen Death by Schmetterling, den der gute Deckard Cain im dritten Serienteil erleiden musste kann man Blizzard damit langsam wieder vergeben.

Diablo 4 – Willkommen im Dreck

Seine Atmosphäre erzeugt Diablo 4 im Gegensatz zum quietschbunten dritten Teil diesmal durch stark gedeckte Farben, eine schmutzig, organisch lebendig wirkende Gestaltung einer durch Krieg und Malthaels Massenmord in Reaper of Souls gezeichneten, verängstigten und verarmten Bevölkerung. Sanktuario wirkt trost- und hoffnungslos. Schimmernde Pfützen aus Dreck und/oder Dämonenblut, Wege gesäumt von durchgefrorenen Leichen und frischen Kadavern, die ihr im Schnee-Gestöber der zersplitterten Gipfel ausmachen könnt, heißen euch zu Beginn in Diablo 4 willkommen. In dieser frostigen Umgebung müsst ihr aber nicht verweilen.

Die Oberwelt von Sanktuario ist im Großen und Ganzen – von einzelnen temporären Storywegsperren mal abgesehen – eben eine fix gestaltete, zusammenhängende Open World und nicht mehr nur eine randomisiert generierte Tileset-Aneinanderreihung. Euch hält oft nur sehr wenig auf, euch gleich in die Ländereien aufzumachen, die euch bisher in den Betas versperrt waren. Wann ihr welche Teile der Storyline angeht, ist dabei großteils euch überlassen. Bereits drei Hauptquests habt ihr zu Spielbeginn verfügbar, denen ihr in unterschiedlichen Regionen nachgehen könnt. Diese Wahlfreiheit in der offenen Welt Sanktuarios, die sich dadurch auch erstmals wie ein zusammenhängender Kontinent anfühlt und nicht nur wie ein ausgetretener Pfad, der von Akt zu Akt und damit von Biom zu Biom führt finde ich persönlich sehr erfrischend.

Im Internet richtig abgebogen

Ausgetretene Pfade sind zwar etwas stark limitierend, allerdings bieten sie auch einen Vorteil: einen effizienten und oft auch loot-reichen Weg durch die Hauptkampagne. Zudem verwehren euch die Entwickler:innen jetzt auch noch eine semi-transparente Wegkarte, die in Diablo 2 so beliebt war. Stattdessen habt ihr nur noch die mickrige Map in der rechten Bildschirmecke. Den Designer:innen zufolge habe man sich bewusst gegen eine Overlay-Map entschieden, um die Spieler:innen beim Entdecken der Open World abzulenken. So könnt ihr eure Augen auf die vielen Details in der hoffnungslos-tristen, kriegsgebeutelten und gewalt(tät)igen Welt von Sanktuario fokussieren.

Alle die aber nicht pausenlos zwischen dem Karten-Menü und dem Spielgeschehen wechseln und sich so die Immersion versauen wollen, sei die interaktive Karte zu Diablo 4 von Map-Genie ans Herz gelegt. Ihr könnt die Karte sogar mit eurem Blizzard Account verknüpfen und so einfach alle bereits erledigten Aktivitäten abhaken, indem ihr die Map-Marker einzeln zu- oder wegschaltet. So findet ihr immer die beste Route und bewahrt in der Shared World trotz aller Weltenbosse, Community-Ereignissen und ähnlichem MMO-Schmonz immer den Überblick über euren ganz persönlichen Fortschritt.

Boandlkramer und Co KG: Diablo 4, seine Held:innen und Mechaniken

Fünf Held:innen bietet Blizzards neuer Dungeon Crawler, darunter eigentlich nur bekannte Größen, wie die schattenmagisch bewandten Necros mitsamt ihrer untoten Helferleins, vor Elementar- und Arkankräften nur so strotzende Zauber:innen und die steroidgewordenen Waffenkammern auf zwei Beinen vom Stamm der Barbar:innen. Zudem feiern die sturmmagischen und gestaltwanderlischen Druid:innen aus Lord of Destruction ihre langersehnte Rückkehr. Die beliebten Dämonenjäger:innen aus Diablo 3 fielen leider der Schere zum Opfer. An ihrer Statt spannen dafür die mysteriösen Schurk:innen aus dem Ur-Diablo ihre Bögen und Armbrüste, wetzen aber bei Bedarf auch rasch ihre zwei Messer und verschwinden danach so schnell in die Schatten, wie sie aus selbigen erschienen sind.

Blizzard hat zwar hinsichtlich der Klassen auf Nummer Sicher gespielt und nicht etwa eine neue Klasse wie den Hexendoktor in Diablo 3 ersonnen. Dennoch bringen alle fünf Reck:innen mächtige Angriffe und führen spannende klassenspezifische Skills in die Schlacht um das epische Loot. Auch wenn sich bei einem Life-Service Game eher früher als später die Metabuilds um die Top-Ladder-Positionen streiten werden, geht Diablo 4 hinsichtlich Charaktererschaffung und -entwicklung einen viel freieren Weg, als noch sein Vorgänger. Das Skillen und Rerollen der einzelnen Ausrüstungsgegenstände wird dank der von Legendaries entbindbaren und in Verließen erbeutbaren Aspekte viel individueller und die gegen Gold redistribuierbaren Skillpunkte sorgen für mehr Tiefe und Experimentiervermögen, als Diablo 3.

Aufgrund unterschiedlicher Spiel-, Schadens- und Schutzmechaniken, wie den sogenannten Damage-Buckets, DoT, Dornen, Lucky und Crit Hits, Resistenzen, Fortify- oder Overpower Damage, sowie den Injured-, Healthy- und Vulnerable-Stati wird sicher der ein oder andere, auf Hochglanz und MinMax getrimmte Char das Licht Sanktuarios erblicken. Wer von euch jetzt keine Ahnung hat, was ich da grade in meinen Bart geblubbert habe oder was all die genannten Fachbegriffe bedeuten und wie sie sich in Diablo 4 auswirken, dem:der lege ich dieses Video, des bekannten Diablo-YouTubers Rhykker ans Herz, in dem er verständlich ein alphabetisch gegliedertes Glossar über die einzelnen Mechaniken und Wirkweisen, sowie die mathematisch berechneten Parameter erstellt und erklärt.

The End of Games has come

Wie ich schon mehrfach erwähnte, ist Diablo 4 ein Lifeservice Game, dessen Laufzeit – gemessen am Vorgänger – gut und gerne auf mehr als ein Jahrzehnt angelegt sein könnte, aber euch interessiert jetzt kurz nach Release sicher nicht, was die Zeit bringen kann, sondern wieviel Endgame Bang ihr für eure bis zu 110 Euros erhaltet, richtig? Nuuun: Nachdem ihr die Hauptkampagne auf einer der beiden zu Beginn anwählbaren Weltenstufen – Abenteuer (I) oder Veteran (II) – beendet habt, wird das dritte Word Tier Albtraum (III) freigeschalten, zumindest wenn ihr es schafft den zugehörigen Cap-Stone-Dungeon zu clearen. Dazu solltet ihr mindestens Charakterlevel 50 erreicht haben. Diese Schwellen-Dungeons skalieren nämlich nicht mit dem Spieler:innen-Level und es geht entsprechend heiß her.

Stein im Brett

Ist dann Albtraum (III) freigespielt, könnt ihr nicht nur die Hauptstory skippen, sondern auch an allen anderen, zum Start verfügbaren Endgame Aktivitäten, wie bspw. den Helltides teilnehmen. Die Gezeiten der Hölle machen ein Gebiet herausfordernder und dafür lohnend für Lootabstecher. Zudem können Cinders droppen, mit denen ihr die Helltide Chests der Region öffnen könnt. In diesen findet ihr seltene, teils exklusive Ressourcen fürs Craften. Zudem habt ihr ab sofort Zugriff auf die Unique Legendaries, die den normalen Legendaries in Diablo 3 gleichzusetzen sind. Sets wird es vorerst noch nicht geben, aber sie werden laut Blizzard zu einem späteren Zeitpunkt ins Game implementiert. Der Okkultist schmiedet euch ab Tier 3 auch sogenannte Albtraum-Siegel,mit denen ihr bereits absolvierte Dungeons aufwerten könnt. In diesen Nightmare Dungeons findet ihr – wer hätts gedacht – härtere Monster, besseres Loot, andere Ziele für das Verlies und außerdem habt ihr die Chance, dass eine Glyphe für das Paragon Board droppt.

Diablo 4: Level 50 and beyond

Bis zu Level 50 erhaltet ihr Skillpunkte, die ihr frei in die Fähigkeiten eures:eurer Held:in investieren dürft. Ab dann schaltet sich Diablo 4s Paragon Bretter frei. Auf diesen befinden sich Knotenpunkte unterschiedlicher Qualitätsstufe, die alle verschiedene Passivboni und Synergien freischalten und je nach Rarität ordentlich reinhauen. Mit den vorher angesprochenen Glyphen, könnt ihr diese Nodes dann verstärken. An bestimmten Gate-Nodes ist es dann möglich, ein neues Brett an das bisherige Brett ranzuklatschen und so die stetige Weiterentwicklung eures Chars voranzutreiben.

Hinsichtlich Komplexität ist es zwar kein Path of Exile, aber es baut das bekannte Paragon-Syste, aus Reaper of Souls konsistent aus und ermöglicht den Spieler:innen die zunehmende Verbesserung und Spezialisierung ihrer Monster-Schnetzler:innen. Zu den genannten Beispielen gesellen sich noch die Erkundung aller Ecken und Enden von Sanktuario per pedes und per Mount, die Suche nach allen Lilith Altären, etliche Side-Quests, die Teilnahme an Weltenbossen und -events oder auch die Aufträge des Flüsterbaumes versprechen noch etwas Abwechslung, bis im Juli die erste von vielen Seasons an den Start geht.

Was alles an Content mit diesen in Diablo 4 Einzug hält, bleibt abzuwarten. Die Preisgestaltung des (beschleunigten) Premium Tracks im Battlepass für bis zu 25 Euro finde ich mäßig toll. Es wurde zwar etlicher neuer Content und unzählige Stunden Spielspaß versprochen, aber Blizzard sprach auch davon, mit Echtgeld keinerlei Vorteile im Spiel freischaltbar zu machen. Aber die XP-Booster, die im Premiumtrack vorhanden sind, sind dann was genau, wenn nicht Performance-Enhancer, hm Bobby? Immerhin bietet der Shop tatsächlich nur kosmetische Items, aber die Preise fallen dabei ordentlich gesalzen aus eine Premiumrüstung schlägt mit 25 Euro und ein Mount mit 15 Euro zu Buche. Die kleineren Accessoires kosten oftmals nur wenige Euro. Aber allein die FOMO-Taktik mit der künstlich herbeigeführten Verknappung von digitalen Assets, ist beängstigend. Übertreibt und vergeigt es nicht, Jungs, Mädels und alles zwischendrin von Blizzard!

Mommy Issues, oder Quo Vadis, Lilith? - Das Fazit zum Diablo 4 Review

Diablo 4 macht mir und auch den Kolleg:innen vom Fach derzeit schon viel Spaß. Die Kämpfe sind wuchtig, der Sound mit seinen einzeln gestrichenen E-Gitarren Akkorden weckt wohlige Gefühle und sowohl die grafische Präsentation, sowie die technische Stabilität, als auch die ganze Story um die Mutter Sanktuarios und ihren ehemaligen Geliebten, nun verhassten Inarius ist ein Meilenstein in der Seriengeschichte und bietet die wohl beste Gegenspielerin seit Sarah Kerrigan in Star Craft.

Ob die Alptraum Dungeons einen langanhaltend spannenden Gameplay-Loop bieten, um Diablo 4s Endgame langfristig tragen zu können, glaube ich nicht. Zumindest nicht über die ersten zwei bis drei Seasons hinaus. Hoffentlich lässt Blizzard den Chancenzug nicht zu schnell abfahren, nachdem sie die Spieler:innen zum Kauf von Diablo 4 und den passenden Battle Passes bewogen haben. Das Spielestudio musste in der jüngeren Vergangenheit zurecht sehr viel Schelte aushalten und Kritik über sich ergehen lassen, nachdem sie beispielsweise das Pay-to-Win aus der Hölle, namens Diablo Immortal, rausgeklopft und WarCraft 3 Reforged so phänomenal gegen die Wand gefahren haben. Aber ich bin Diablo-Spieler der ersten Stunde, habe tausende Stunden in Diablo 3 versenkt und gedenke dies auch wieder in Diablo 4 zu tun. Ich habe also noch vertrauen, dass aus einem bereits zum Start recht vielversprechenden und spaßigen Gemetzel mit Lootattitüde über die Jahre die Deluxe Schlachtplatte wird, die mir erneut hunderte, wenn nicht tausende Stunden Freizeit bei gemütlichen Couch-Koop-Sessions wegfressen wird. Vom Echtgeldeinsatz werde ich aber wohl absehen, lasse es deshalb aber auch nur marginal in meine Wertung einfließen.

Wertung: 9.0 Pixel

für Diablo 4 Test: Fetzerei und Spaß dabei – in der Hölle! von