Mehr Online-Zivilcourage gegen Sexismus!

von David Kolb-Zgaga 08.03.2019

Heute ist Weltfrauentag und auch 2019 dürfen, ja müssen wir noch immer Sexismusdebatten führen, denn der Weg ist steinig und hart und leider sind wir noch lange nicht am Ziel angekommen. Noch immer sind es „große Minderheiten“, die die Online-Communitys zu finsteren, toxischen Molochen aus Hass, Sexismus und sogar Morddrohungen machen.

Die Mütter anderer SpielerInnen

League of Legends, Overwatch, Call of Duty oder auch Rainbow Six, sie alle sind gut designte, kompetitive Spiele, die im richtigen Team viel Spaß machen. Doch sie alle haben schwarze Schafe und oftmals werden diese sowohl von der Community, wie auch den Herstellern ignoriert. Aus meiner eigenen männlichen Perspektive kann ich den Hass und die Beleidigungen sofort bestätigen. Wer kann heutzutage noch behaupten, dass die eigene Mutter online noch nie beschimpft wurde oder man selbst mit zahlreichen Schimpfwörtern attackiert wurde? In meinem Fall versuche ich darüber hinwegzusehen und es zu ignorieren und meistens gelingt das sogar. Wie überall macht aber die Dosis das Gift und es ist eindeutig belegbar, dass Frauen deutlich häufiger, härter und wie selbstverständlich sexistisch attackiert werden. Das zeigt z.B. der Hashtag #GamerleaksDE, wo Frauen Unterhaltungen aufzeichneten, in denen sie online beschimpft wurden.

Grundlose Anfeindungen

Argumente wie „Nur weil jemand online sexistische Dinge sagt, ist er noch kein Sexist. Legt euch ein dickeres Fell zu.“ werden dann häufig genannt. An alle da draußen, die diese Argumentation noch immer vor sicher hertragen. Schon Forrest Gump wusste: „Dumm ist der, der Dummes tut.“. Vor allem wenn es immer wieder passiert. Und da können wir uns sicher sein, es passiert immer wieder. Das zeigt z.B. auch das Video von der Streamerin Annemunition, die sich ohne jegliche Provokation Sätze wie “You stole my fucking content. You’re shit at the game. Get out.”, “This isn’t like League Of Legends where you can just flash your titties on stream. It takes skill.” oder “I hope you die.” anhören musste.

War ja nicht so gemeint…

Die Streamerin blieb während des gesamten Spiels ruhig, ja sogar hilfreich und veröffentlichte dann, um ein Exempel zu statuieren, das mitaufgezeichnete Video. Die Veröffentlichung der Vorfälle ist eine Maßnahme um sich zu wehren, denn es ist gut, wenn unsere Gesellschaft erfährt, was in der angeblichen Anonymität des Internets alles passiert. Die obigen Szenen lassen auch keinen Spielraum für falsche Interpretationen zu. Einer der Spieler aus dem Video hat sich dann sogar zu Wort gemeldet und sich bei Annemunition halbherzig entschuldigt „man habe ja alles nicht so ernst gemeint“. Ja Trashtalk mit Freunden, die man kennt kann sehr viel Spaß machen. Fremde einfach so zu beleidigen ist aber verachtenswert. Wenn dann sogar in Extremfällen der Tod oder Vergewaltigung angedroht wird, ist das nicht nur hochgradig verwerflich, sondern zurecht auch strafbar.

Selbst aktiv werden

Einige Entwicklungsstudios und Publisher kämpfen zu wenig oder gar nicht gegen die Sexismus-Probleme und die Toxizität an. Aus rein wirtschaftlicher Sicht, sind auch die schwarzen Schafe Kunden, die Geld in die Kasse spülen. Aber nicht nur das, auch Entwicklerinnen müssen sich einiges in der Branche gefallen lassen. So wurde z.B. im letzten Sommer Riot Games von mehreren MitarbeiterInnen wegen Gender Discrimination verklagt. Wir Gamer können und dürfen uns daher nicht auf die Hersteller verlassen, sondern müssen das Zepter selbst in die Hand nehmen. Wenn heute auf der Straße eine Frau derart beleidigt werden würde, wie Annemunition im obigen Video, gäbe es mit großer Wahrscheinlichkeit Leute, die eingreifen würden. Bitte versteht mich aber nicht falsch. Dies ist kein Aufruf wahllos Menschen an den Pranger zu stellen! Es ist vielmehr ein Hinweis, dass momentan viel zu wenig Hilfestellung für die Opfer verbaler Attacken existiert und die Vorfälle ignoriert werden.

Mehr Mut zur Online-Zivilcourage gegen Sexismus

Die Zivilcourage, die im Real Life bei Vielen schon existiert, muss auch auf unser Online-Leben übertragen werden. Ich selbst habe oft genug dämliche Sprüche im Voice Chat gegenüber anderen SpielerInnen ignoriert und abgetan. Das werde ich in Zukunft nicht mehr tun, sondern versuchen aktiv zu werden. Auch wenn dabei die Runde, das Match oder was auch immer verloren geht, es geht um Wichtigeres. Eine Vorbildfunktion kann viel bewirken und vielleicht beginnen die Leute zu reflektieren, wenn ihnen nur häufiger aufgezeigt wird, was für einen verletzende Müll sie von sich geben. Versuchen daher wir, die wir nicht zu den schwarzen Schafen gehören wollen zusammen zu halten – denn wir sind in der Überzahl. Zeigen wir gemeinsam den Opfern von Sexismus und verbalen Attacken behutsam, dass sie nicht alleine sind. Machen wir den Tätern – und man muss hier wirklich von Tätern sprechen – klar, dass das nicht nur unbedeutender Trashtalk ist und dass dieses Handeln auch Konsequenzen haben kann.