The Escapists (PC) im Test

von Ben Vollmann 11.03.2015

Das Ziel des knuffigen Spiels im Pixellook lässt sich ziemlich einfach aus dem Titel desselben ableiten: Eure Aufgabe ist es, eurem selbst erstellten „Helden“ dabei zu helfen, aus dem Zuchthaus zu flüchten, in dem dieser zu Beginn des Spiels landet. Jedes Level im Spiel steckt euren Protagonisten dabei in ein neues Gefängnis. Habt ihr im ersten noch viele Freiheiten und werdet ständig von den Wachen daran erinnert, dass euer Wohlbefinden die oberste Priorität hat, nimmt die Gastfreundschaft des Personals in den späteren Levels in dem Maß ab, in dem der Schwierigkeitsgrad ansteigt. Das heißt, dass es relativ bald kein Kabelfernsehen, kein Gourmetessen und überhaupt keine Faxen mehr gibt. Anstatt zu verzweifeln, solltet ihr aber lieber eure Energie in das Schmieden ausgeklügelter Fluchtpläne investieren. In jedem der sechs Gefängnisse gibt es nämlich verschiedene Arten zu türmen, auf die ihr aber erst einmal kommen müsst.

Crafting Is the New Black

Euer wichtigstes Werkzeug für die Flucht ist, nun ja, Werkzeug. Wie in so manch anderem Spiel gibt es auch in The Escapists ein Crafting-System. Anstatt Feuerstellen und leckerer Speisen, bastelt ihr euch in den Gefängnissen von The Escapists Messer aus Zahnbürsten und Rasierklingen, aber auch gefälschte Lüftungsgitter und elektrische Schraubendreher gehören zum Repertoire der Gegenstände, die ihr herstellen könnt, um eine bessere Chance zu haben, aus der Haftanstalt zu entkommen.

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Mitgefangen …

Obwohl das Absitzen der Strafe durchaus eine kathartische und einsame Beschäftigung ist, seid ihr in The Esacpists nur wirklich allein, wenn ihr bei illegalen Aktivitäten erwischt und in die Einzelhaft verfrachtet werdet. Ansonsten macht das Interagieren mit den anderen Häftlingen einen guten Teil des Spiels aus. Ob ihr kleine Gefälligkeiten für eure Kollegen erledigt – wie etwa Wachen ablenken bzw. einen ungeliebten Mitgefangenen verdreschen ­– oder illegale Güter von ihnen kauft; es zahlt sich aus, sich mit den schweren Jungs gut zu stellen. Das Pflegen von Beziehungen, das Verdienen von Geld und die Suche nach Items bestimmen das Spielgeschehen in The Escapists ebenso sehr wie der von oben verordnete Tagesablauf. Womit wir auch schon bei einem meinem größten Kritikpunkt wären, denn die strikt durchgeplante Tagesstruktur ist eines der nervigsten Features im Spiel. Ständig tönt eine Sirene, um euch in Erinnerung zu rufen, dass ihr zum Appell, zum Arbeitsdienst oder zum Mittagessen erwartet werdet.

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Mir ist zwar klar, dass die rigide Struktur in einem Gefängnis dazugehört und genauso realistisch ist wie zum Beispiel die langweilige Arbeit in der Wäscherei, aber The Escapists ist trotz allem ein Videogame und soll als solches primär Spaß machen. Zwar kann man argumentieren, dass Videogames als Medium inzwischen erwachsen genug sind, um auch differenziertere Erfahrungen als Happy Sunshine zu thematisieren, The Escapists ist aber nicht wirklich eines dieser Spiele. Die Dialoge bzw. die Dialogfetzen, mit denen ihr im Spiel konfrontiert werdet, sind mehr schrullig und überzogen, als dass sie die realistische Erfahrung eines Häftlings widerspiegeln. Insofern funktionieren die monotonen Aufgaben und Jobs, mit denen euch das Spiel ständig konfrontiert, nicht unbedingt als Metapher für den monotonen und trostlosen Gefängnisalltag – sie sind einfach nur monoton und langweilig. Wenn ihr Geld verdient, indem ihr die Schmutzwäsche Kleidungsstück für Kleidungsstück zuerst in die Waschmaschine legt, um sie danach wieder herauszunehmen, fühlt sich das mehr wie der Levelgrind eines Old-School RPGs an als ein intelligenter Kommentar zum Alltag von Inhaftierten.

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Entlassen wegen guter Führung

Abgesehen von den grindigen Passagen, in denen ihr immer und immer wieder dieselben Abläufe durchspielt, ist The Escapists ein kompetentes Puzzlegame, das zum Experimentieren einlädt. Wer von euren Mithäftlingen könnte euch nützlich werden? Wer hat was zu verkaufen? Wo bekomme ich meine Werkzeuge her, und wie verstecke ich sie vor den Wachen? Solche Fragen bestimmen das Gameplay von The Escapists, und wenn man einen besonders cleveren Weg findet, aus dem Gefängnis zu entkommen, fühlt man sich wie ein/e super-smarter GangstercheckerIn. Wenn bloß der Alltag nicht ganz so reglementiert wäre und sich die zwischenmenschlichen Beziehungen so komplex und spannend wie in Orange is the New Black gestalten würden, hätte dieses kleine Game das Zeug zum ganz großen Hit. So bleibt es zwar solide, aber dennoch ein wenig hinter den Erwartungen zurück.

Wertung: 7.5 Pixel

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Mandi

Sieht genial aus!
Ist da ein iPad-Ableger geplant?