Tales of Xillia 2 (PS3) im Test

von Stefan Hohenwarter 12.09.2014

Tales of Xillia zauberte den JRPG-Fans letztes Jahr ein breites Grinsen ins Gesicht. Der Titel kam sowohl bei der Presse (Metacritic: 78 von 100 Punkten) als auch bei den EndkundInnen (Metacritic: 8,6 von 10 Punkten, Amazon: 4,5 von 5 Sternen) richtig gut an. Ob die Fans des Vorgängers auch mit der mittlerweile erhältlichen Fortsetzung glücklich werden, erfahrt ihr in meinem Test.

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1995 nahm alles seinen Anfang

Begonnen hat die JRPG-Kultreihe 1995 mit dem Seriendebüt Tales of Phantasia auf dem Super Nintendo. Der Titel erschien allerdings nur im Land der aufgehenden Sonne für Nintendos damalige Heimkonsole. Wegen des Erfolges wurde der Titel später für die PS1, den Game Boy Advanced, die PSP und Smartphones umgesetzt. Allerdings schaffte es nur die Game-Boy-Advanced-Version zu uns nach Europa. Beim SNES-Release 1995 hatte wohl niemand damit gerechnet, dass die Reihe rund 20 Jahre später 15 Ableger (u. a. Tales of Symphonia, Tales of Graces und Tales of Vesperia) umfassen würde – Tales of Zestiria, das 2015 erscheinen soll, bereits miteingerechnet.

Durchgefallen!

In Tales of Xillia 2 macht ihr mit einem neuen Helden Bekanntschaft: Ludger Kresnik. Bevor ihr wisst, was überhaupt los ist, kämpft ihr in den ersten paar Minuten im Spiel gegen einen mysteriösen Unbekannten. Sein Oberkörper ist verdunkelt, sodass man nicht erkennen kann, wer der Widersacher eigentlich ist: Viel mehr als ein Mantel, zwei Schwerter und eine Brille sind nicht zu erkennen. In den Angriffspausen kommentiert der Unbekannte das Kampfgeschehen und lässt nebenbei fallen, dass er und Ludger Brüder sind. Warum sie kämpfen, verrät der Brillenträger allerdings nicht.

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Die Angriffe gegen den Gegner scheinen keine Spuren bei diesem zu hinterlassen, dessen Kombos setzen Ludger jedoch ordentlich zu. Der Kampf wirkt aussichtslos, als plötzlich Ludgers Bruder zu einem finalen Schlag ausholt. Das Bild wird weiß, und Ludger wacht in seinem Bett auf: Der Kampf gegen seinen Bruder war offenbar nur ein Traum. Doch man sagt nicht grundlos, dass man in Träumen oft Ängste verarbeitet. Ludger muss an diesem Tag eine Aufnahmeprüfung beim elympionischen Technologieunternehmen Spirius bestehen – der Prüfer ist sein Bruder.

Um die Prüfung zu schaffen, müssen fünf Monster in einem Höhlensystem besiegt werden. Mithilfe der Minimap orientiere ich mich und gehe auf die Jagd. Nebenbei öffne ich ein paar Kisten, die wir bereits aus unzähligen JRPGs kennen, und verwende den Inhalt im Kampf. Als sich die Prüfung dem Ende zuneigt, weicht das Examen vom Standardprozedere ab: Ein Mädchen wird von einem Feind bedroht, dem sich Ludger zwar tapfer, jedoch ohne Erfolg entgegenstellt. So bleibt dem Prüfer nichts anderes übrig, als seinen Bruder durchfallen zu lassen.

Wiedersehen mit alten Bekannten

Ludger hat die Prüfung nicht bestanden. Das ist zwar ein persönlicher Rückschlag, aber auch andere müssen solche hinnehmen. Eine Person, auf die das auch zutrifft, ist Elle. In einer hochwertigen Anime-Videosequenz sehen wir, wie das achtjährige Mädchen von einer Horde Angreifer gejagt wird. Ihr Vater stellt sich zwischen Elle und die Aggressoren. Lang gelingt es dem Mann, die Feinde in Schach zu halten, doch die beiden werden langsam in die Enge getrieben. So sieht Elles Vater keinen Ausweg mehr: Er gibt ihr seine Taschenuhr und sagt ihr, dass sie den Zehn-Uhr-Zug am Hauptbahnhof in Trigleph nehmen soll, damit sie nach Canaan, einem Ort, an dem Wünsche erfüllt werden, kommt. Er verspricht ihr, dass sie sich dort wieder treffen werden. Gutgläubig flüchtet Elle auf ein Schiff, das gerade ablegt. Ihr Vater steht zwischen dem Rettungsboot und den Angreifern, die ihn ohne mit der Wimper zu zucken mit Kugeln durchlöchern. Wer nun glaubt, dass der Vater sein Versprechen nicht mehr halten kann, irrt sich, denn auf wundersame Weise stößt sein Körper die Kugeln aus und er steht wieder auf. Warum dies geschieht, wird nicht verraten.

Szenenwechsel: Wir befinden uns in der Stadt Trigleph, in der ein Zufall Elle und Ludger in dem bereits zuvor erwähnten Zehn-Uhr-Zug zusammenbringt. Von nun an beginnt die Odyssee der beiden, die in weitere Folge auch Milla und viele andere bekannte Personen aus Tales of Xillia treffen.

Recycling – oder ist alles neu?

Tales of Xillia 2 spielt in derselben Welt wie Tales of Xillia. Zudem ist nur rund ein Jahr seit den Geschehnissen des Vorgängers vergangen. Dies ist auch der Punkt, mit dem man das Recycling im großen Stil zu argumentieren versucht. Es ist klar, dass sich in einem Jahr nicht Flora, Fauna, die Welt oder Höhlensysteme verändern, aber wenn die gleiche Musik ertönt oder NPCs an genau der gleichen Stelle in einer Stadt stehen, kann man sich des Eindrucks lieblosen Recyclings nicht erwehren. Dass man auf alte Bekannte aus Tales of Xillia trifft, wird ebenfalls als Feature verkauft, doch für mich ist das ebenfalls billige Wiederverwertung. Warum soll man versuchen, neue Charaktere zu entwickeln, wenn man auf bereits etablierte zurückgreifen kann? Dazu kommt, dass die neu eingeführten Personen, allen voran Ludger Kresnik, der ja „nur“ der Hauptcharakter ist, ebenfalls lieblos wirken. Es wird nicht großartig versucht, dem neuen Helden Profil zu geben. Das merkt man auch an Gesprächen, in denen Milla und die anderen über Personen oder Geschehnisse aus Teil eins sprechen, an denen Ludger nicht beteiligt war. Anstatt Fragen zu stellen, reagiert er, als wäre er dabei gewesen.

Doch nicht alles wurde recycelt, einiges wurde auch verbessert. So wurden beispielsweise das Kampfsystem und die Charakterentwicklung überarbeitet, und statt das Abenteuer aus den Blickwinkeln von Jyde Mathis oder Milla Maxwell zu erleben, dürft bzw. müsst ihr nun mit Ludger Entscheidungen treffen. Dies hat meiner Meinung nach nur marginale Auswirkungen, wie leicht abgewandelte Dialog- und Spielszenen, aber man hat das Gefühl, die Geschichte mehr beeinflussen zu können.

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Zusammenfassung

Tales of Xillia ist ein strahlender Stern am Himmel der Tales of-Reihe. Insofern war es kein Wunder, dass ein zweiter Teil veröffentlicht wird. Hätte man dafür nur etwas mehr Zeit und Liebe aufgebracht! Statt einer wunderbaren Fortsetzung müssen sich die SpielerInnen mit marginalen Verbesserungen, einem blassen neuen Hauptcharakter und Recycling, wohin das Auge reicht, zufriedengeben. Zudem wurde der Wunsch der Fans, dem JRPG den japanischen Originalton zu spendieren, erneut ignoriert. Schade!

Dank der kleinen Verbesserungen ist der Totalausfall zwar abgewendet, aber Tales of Xillia 2 rangiert in meiner persönlichen Tales of-Hitlist ziemlich weit unten. Tales of Zestiria erscheint laut letzten Meldungen 2015 für die PlayStation 3, und ich hoffe, dass damit das Ende der Tales of-Ära auf der PS3 glorreicher ausfällt.

Wertung: 7 Pixel

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