Spintires (PC) im Test

von David Kolb-Zgaga 11.07.2014

Einmal mit dicken Offroad-Trucks brachial durch russische Wälder fahren, gefährliche Steigungen bezwingen und sogar einen Fluss durchqueren? Wer das gern einmal erleben möchte, aber nicht das nötige Kleingeld für den Sonderurlaub zusammenbekommt, kann das in Spintires nachholen. Die Oovee-Studios haben eine hübsche, aber knallharte Simulation entwickelt. Das ist meine Reise durch Schlamm, Matsch und beinahe undurchdringliche Wälder.

Mein Auto wird schmutzig!

Er ist der schlimmste und bösartigste Antagonist des Spiels. Er bringt mich durch seine physikalisch genau berechnete Ausdehnung zur Weißglut, und er ist mein schlimmster Feind in der Offroad-Simulation. Die Rede ist vom Matsch bzw. Schlamm, denn er lässt ein Auto ohne Allradantrieb schon noch wenigen Metern hilflos feststecken und in einem nassen, beinahe klebrigen Grab versauern! Okay, das nasse Grab ist vielleicht ein wenig übertrieben, aber Spintires ist kein Rennspiel, sondern eine knallharte Offroad-Truck-Simulation. Ein Tutorial gibt es nicht, nur eine Hilfe, die mir die wichtigsten Mechaniken und die dazugehörige Steuerung einblendet. Dann geht es auch schon los, und man versucht – und die Betonung liegt auf versucht – Holz einzusammeln und dieses abzuliefern.

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Fahrzeug vs. Natur

Klingt grundsätzlich nach keiner komplexen Aufgabe: Fahr nach A, lade Holz auf, und bring es zu B. Die Ziele sind zwar bekannt, dazwischen liegt aber der berühmte Fog of War, der die einblendbare Map verdunkelt. Um diesen aufzulösen, muss man zu den sogenannten Verdeckungen fahren, ein Kreis, der ungefähr fünf Meter Durchmesser hat. Hat man eine dieser Verdeckungen deaktiviert, sieht man auf der Karte mögliche versteckte Geheimnisse wie neue Autotypen, Orte zum Nachtanken oder Werkstätten. So pflüge ich mit meinem Truck mit gefühlten drei km/h durch die russische Landschaft und hadere mit jedem größeren Stein oder Baum, der mir den Weg versperrt. Spintires will gar nicht mit Geschwindigkeit punkten, sondern den mühsamen Kampf zwischen Fahrzeug und Natur darstellen. Spintires ist in dieser Hinsicht das Dark Souls der Truck-Spiele, wodurch ich immer wieder im Matsch, im Fluss oder an einem sonstigen Gegenstand stecken- bzw. hängen bleibe, den mir die grausame Natur des Spiels vor die Räder wirft. Dann hilft auch nur, neu zu laden, was zwar realistisch, aber auch sehr frustrierend ist. Die einzige Möglichkeit, das Neuladen zu umgehen, ist eine Autowerkstatt, in der man Ersatzteile bekommt, die in einer solchen Situation weiterhelfen können.

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Kein Holz für mich

Es ist ein Geduldsspiel, bloß nicht abkürzen, bloß nicht zu viel Benzin durch Differenzialsperre oder Allradantrieb verbrauchen, und auf gar keinen Fall dumme Risiken eingehen. So schaffe ich es dann endlich zum Holzlager, und bin überglücklich, bis … ja, bis ich merke, dass ich gar kein Holz mitnehmen kann, da keine Holzauflage, sondern ein Mehrzweckanbauteil auf meinem Truck verbaut ist. In solchen Momenten möchte man am liebsten das Gamepad zum Fenster hinausschmeißen! Zumindest habe ich dadurch gelernt, dass man einiges an den bis zu sieben Vehikeln (darunter ein MAZ-543, Kamaz-54112 und ein ZIL-130) verändern kann. Von der Anhängerkupplung bis hin zum eigenen Kran kann man alles auf den Trucks verbauen. Mit Letzterem kann man nicht nur Holz aufheben und andere Laster beladen, sondern auch andere Fahrzeuge aus dem Schlamm hieven: Man kann Spintires nämlich auch im Multiplayer mit bis zu drei anderen MitspielerInnen spielen. Das steigert die „Überlebenschance“, im Grunde bleibt das Spiel aber bockschwer.

Alt, aber schön

Spintires bietet mit jeweils einem Quadratkilometer großen Karten für Abwechslung. Egal, ob bergige Vulkanlandschaften, die beinahe unüberwindbare Steigungen mit sich bringen, oder eine Flussüberquerung, man bekommt sehr viel zu sehen, auch wenn die Kameraführung nicht immer so leicht von der Hand geht. Obwohl das Spiel nur mit DirectX 9 entwickelt wurde, sehen sowohl Wasser als auch Umgebung meist sehr hübsch aus. Der Schlamm weicht physikalisch korrekt den Reifen meiner Fahrzeuge, was das Spiel zwar enorm schwer, aber gleichzeitig zu einer realistischen Simulation macht. So sieht das aus, wenn ich mich in Spintires durch den Schlamm wühle!

Zu wenig Spiel im Spiel

Genau dabei scheiden sich die Geister, denn mehr Ziele, als Holz durch die schön animierte Gegend zu fahren, gibt es in Spintires nicht. Es ist eine beinharte Simulation, in der, wenn einmal die Kupplung schleift, man sogar manuell mit einem Schaltknüppel weiterschalten darf. Fans von Offroad-Simulationen dürfte das gefallen, und diese haben wohl auch genügend Geduld, um sich durch die russischen Wälder zu kämpfen. Leider bietet der Titel aber zu wenig Spiel – Missionen oder gar eine Kampagne vermisst man schmerzlich. Dadurch hat man einen harten Einstieg und auch ein hartes Weiterkommen. Wenn man zudem auf eine andere Karte wechselt, ist der Spielstand der zuerst gespielten weg. Da geht die Motivation leider schnell flöten!

Fazit

Die Oovee-Studios wollen aber weitere Inhalte noch nachliefern und hören auf ihre Community. Die Fahrerkabinenkamera und der variable Reifendruck z. B. sind schon in der Entwicklung. Das hilft mir persönlich leider wenig, denn mich wird Spintires dennoch weiterhin frustrieren. Das Spiel bietet mir eine knallharte, realistische Simulation, hat aber einige Schwächen, was Bedienung, Kameraführung oder Einsteigerfreundlichkeit angeht. Außerdem bietet mir das Spiel einfach zu wenige Inhalte, die mich zum Weiterspielen motivieren. Als Offroad-Fan dürfte man mit Spintires viel Freude haben, ich hatte durch die vielen Frustmomente aber leider nur mäßig Spaß.

Wertung: 6.5 Pixel

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