Respawn 2017: Wie sich der Indie-Titel Unexplored durch Liebe verkaufen ließ

von David Kolb-Zgaga 20.08.2017

Auf der Respawn in Köln durfte ich einem Vortrag von Matthijs Dierckx, Composer und Marketing Lead des Spiels Unexplored lauschen. Der Titel seiner halbstündigen Präsentation hieß „Do Articles on PC Gamer Help Your Sales? Kotaku, Polygon?“ und das ist eine mehr als spannende Frage, denn was bringt die Pressecoverage den Indies?

Keine Verkäufe trotz Millionen von LeserInnen

Unexplored ist ein kleines, aber feines Roguelite Action RPG, das mit seinem Konzept des Randomly Dungeon Creater lange Zeit unterhalten möchte. Nach bereits zwei Monaten verkaufte sich das Spiel jedoch nur noch schleppend und es wurden pro Tag ca. 70 Einheiten verkauft. Dann aber der große Hoffnungsschimmer am Ende des Horizonts: Ein sehr positiver Artikel von PC Gamer. Darin war mit einem Entwicklervideo sogar der USP, das kreieren der Dungeons und die Vielfalt die Unexplored zu bieten hat, enthalten. Am Tag der Erscheinung auf PC Gamer wurden anstatt 70, 100 Kopien verkauft. Tags darauf war sogar alles wieder beim Alten. Dieser Artikel, dieser riesigen Website mit ihrem Millionenpublikum hatte dafür gesorgt lächerliche 30 Kopien mehr zu verkaufen! Wieso hatte dieser Text so überhaupt keinen Impact?

Enorme Schwankungsbreite

Um dies zu klären, werfen wir einen Blick zurück zum Release von Unexplored. Der Titel war für sechs Monate im Early Access und stand bei 100% positiven Steam-Reviews und 400 verkauften Keys. Der Erscheinungstag ist im Normfall der mit Abstand stärkste Verkaufstag, wo immerhin 240 Einheiten verkauft wurden. Am Tag Zwei gab es einen Tweet von Adam Smith von Rock Paper Shotgun und anschließend auch ein Review auf deren Seite. Auf einmal konnten 720 Verkäufe an einem Tag und 2200 in der Woche gemacht werden.

Für so ein kleines Projekt eine wahnsinnig große und überlebenswichtige Steigerung, die Unexplored half für seine ErschafferInnen erst wirklich lukrativ zu werden. Dierckx zählte dann noch weitere Beispiele von Artikeln von großen Spieleseiten, wie Polygon, Kotaku etc. auf, die sich einzelne Indie-Spiele zum Thema machten. Teilweise wurden die Verkäufe bis zu 50% angekurbelt und teilweise wurde nicht ein Stück Software mehr verkauft, obwohl die Beiträge von einem Millionen-Publikum gelesen wurden. Wie also unterscheiden sich diese Artikel voneinander?

Mut zur Emotion!

Die simple und anfänglich merkwürdig klingende Antwort ist Liebe! Alle Texte, die die Verkäufe ankurbelten strotzten vor Enthusiasmus. Laut Dierckx konnte man sogar die Liebe darin rauslesen, die die AutorInnen zu den Spielen haben. Es wurden nicht mehr rein fachlich Features aufgezählt und gelobt, sondern die Leserschaft wurde angestachelt und heißgemacht. Man konnte zwischen den Zeilen rauslesen mit welcher Leidenschaft die Redakteure das jeweilige Spiel spielten. Sieht man sich den typischen Journalismus an, dann ist dies eigentlich verpönt und unsachlich. Sieht man sich jedoch den New Game Journalism an, dann liegt diese Leidenschaft aber sehr wohl im Bereich des Möglichen. Es ist meiner Meinung nach ein Unterschied, ob man in einem Text unreflektiert den Fanboy raushängen lässt oder einen Artikel verfasst, der Leidenschaft und Emotionen versprüht.

Denn wir alle sind Gamer und wir alle kennen das Gefühl den ganzen Tag daran zu denken, endlich nach Hause zu kommen und dieses eine perfekte, wie für uns gemachte Spiel endlich weiterspielen zu dürfen. Und wir Medien sollten genau dieses Gefühl auch weitergeben dürfen, wenn es denn vorhanden ist! Wir dürfen uns nicht davor scheuen, nur auf rein objektiver Ebene über ein Spiel zu berichten. Wenn wir durch diese mitreißenden Artikel dann auch noch den Herstellern helfen (ich spreche hier vor allem von den Indies), dann ist das keine Werbung, sondern ehrliche Respektbezeugung gegenüber dem Medium und der Kunstform Spiele, aber vor allem auch unserem geliebten Hobby.