Preview: Dragon Age: Inquisition

von Max Hohenwarter 01.09.2014

Wir schreiben das Jahr 2009. Nach dem absolut grandiosen Science-Fiction-Epos Mass Effect besinnt sich BioWare im wahrsten Sinne des Wortes wieder zurück auf seine Fantasy-Ursprünge in Form von Dragon Age: Origins. Und alle so „yeah“! Endlich wieder ein taktisch anspruchsvolles Party-Fantasy-Rollenspiel mit pausierbaren Kämpfen, in denen man befehlsmäßig aus voller Bandbreite schöpfen kann und ähnlich wie schon im Klassiker Baldur’s Gate die volle Kontrolle über die MitstreiterInnen hat – fast schon so viel Kontrolle, dass es unübersichtlich wird! Eineinhalb Jahre später folgt dann Dragon Age 2. Sich immer wiederholende Dungeons, abgeflachtes Kampfsystem, kaum Rollenspielelemente, Anpassung an den Massenmarkt. Und plötzlich alle so „meh“!

Doch BioWare wäre nicht das kultige Entwicklerstudio, das es ist, wenn es nicht auf Fankritik hören würde. Nach der Ankündigung von Dragon Age: Inquisition schürten verschiedenste bekannt gemachte Features bereits Hoffnung, dass BioWare wieder zu den Wurzeln zurückfindet. Die Hoffnung hat sich, wie ich nach dem Anzocken von Dragon Age: Inquisition auf der gamescom 2014 sagen kann, erfüllt.

Untote „meier machen“ im Mire

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Im Verlauf der Demo bewegte ich mich mit meiner Party in einer Sumpflandschaft namens The Mire. Während in der vorgespielten Demo auf der EA-Pressekonferenz eine Befreiungsmission auf dem Programm stand, die in weiterer Folge auch in dem von mir gespielten Abschnitt spielbar gewesen wäre, konnte ich mich vorerst im Mire frei bewegen und den stark angepriesenen Erkundungsaspekt von BioWares neuem Rollenspielgiganten genießen. Nachdem ich ein paar Standardgegner mit meiner Inquisitorin in normaler Third-Person-Manier niedergemetzelt hatte, wobei ich fließend zwischen meinen Partymitgliedern – dem Mage Solas, einem Rogue namens Cole und dem Krieger Blackwall – hin- und herwechseln konnte, interessierte ich mich vor allem für die wiederbelebte taktische Kamera. Diese geht einen wundervollen Kompromiss zwischen dem überbordenden und bis ins letzte Detail konfigurierbaren Taktikgeplänkel aus dem Erstling und dem doch sehr flachen Kampfsystem aus Dragon Age 2 ein. So war es mir möglich, selbst den hinterhältigsten Überfall der Feinde mit strategischen Befehlen an meine Begleiter zu meinen Gunsten zu wenden. Der Rogue kümmerte sich um die erhöht platzierten Fernkämpfer, während mein Krieger und mein Mage den dicken Obermotz in die Zange nahmen, debufften und niederstreckten.

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Shhhhh Ahhhh!

Apropos Obermotz: Diese können in Dragon Age: Inquisition beachtliche Ausmaße annehmen, seien es Drachen, seien es haushohe Bergtrolle. Das Beste an diesen Monstrositäten ist aber, dass bei ihnen noch ausgeklügeltere Taktiken angewandt werden können als bei Standardschnetzelfutter. Diese Giganten haben nämlich diverse Trefferzonen, die sich bei geglückten Attacken auf den weiteren Kampfverlauf auswirken. Ein Beispiel: Dass man einem Drachen am besten den Kopf abschlägt, sollte weithin bekannt sein. Dass man dem Vieh aber auch erst einmal an die Gurgel kommen muss, ebenso. Wie also vorgehen. Ganz einfach: Erst stutzen wir dem Schupperich entweder die Flügel oder verletzen seine Beine. So nehmen wir ihm etwas Wind aus den Segeln und bringen ihn ins Straucheln. Ist die Bestie dann am Boden, hacken wir dem Feuerspeier einfach den Kopf ab. Das Hitbox-Feature gliedert sich also perfekt in die taktischen Elemente der pausierbaren Kämpfe ein und trägt wunderbar zum dynamischen Spielgefühl bei.

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Total Eclipse of the Frostbite 3 Engine

In Hintergrund werkelten beim Erstling die Eclipse- und beim zweiten Teil die Lycium-Engine. Passend zum dritten Teil hat man sich auch auf Grafikmotorseite für eine 3 entschieden, und so befriedigt in Dragon Age: Inquisition die Frostbite Engine 3, die bereits in Battlefield 4 für feuchte Augen gesorgt hat, den Grafikfanatiker in mir. Ein Genuss, wie der Regen gussartig im morastigen Sumpfland niedergeht und dabei reflektierende Pfützen bildet oder vom Himmel zuckende Blitze die nächtliche Umgebung erhellen. Auch die Effekte der Zauber oder die Flammenzungen am Schwert meiner Inquisitorin sind einfach nur zum Niederknien. Die Sichtweite mit ihrer Tiefenunschärfe wirkt schlicht atemberaubend. Dragon Age: Inquisition ist optisch unbestreitbar ein absoluter Leckerbissen.

Schlacht der RPG-Giganten

Dragon Age: Inquisition wird ein riesiges Brett. Darüber bin ich mir nach meiner kurzen Anspielsession absolut im Klaren. Eine epische Geschichte, deren Skript weit über eine Million Wörter zählt, ein tief greifendes Crafting- und Individualisierungssystem, BioWare-typisch extrem interessant geschriebene Nebencharaktere und voraussichtlich bis zu 150 Spielstunden für RPG-EnthusiastInnen, die wirklich auch die letzten Winkel von Orlais und Ferelden erkunden wollen. Rollenspieltechnisch wird es zwischen dem Konkurrenten The Witcher 3: Wild Hunt und Dragon Age: Inquisition einen sehr harten Schlagabtausch geben. Allerdings hat BioWare den zeitlichen Bonus, erscheint das Fantasy-Epos hierzulande doch bereits am 20. November, wohingegen Geralt erst nächstes Jahr losreitet. Ich jedenfalls freue mich schon, ins Zeitalter der Drachen zu reisen und meine viel zu kurze gamescom-Experience fortzuführen.