Port Royale 4 Preview: Ab in die Karibik

von David Kolb-Zgaga 24.05.2020

Port Royale 4 beweist schon in seiner Beta, dass der Geist der Serie gut eingefangen und modernisiert wurde. Eindrucksvoll wurde mir bewiesen: Eine Wirtschaftssim muss sich nicht wie eine Exceltabelle spielen.

Kolonialmacht Spanien

Das Port Royale 4 einiges zu bieten hat, liegt auch am spannenden Setting. Die Karibik im 17. Jahrhundert mit ihren vielen Inselchen, den weißen Sandstränden, den küstennahen Städten und dem verlassenen Dschungel dahinter, sorgen für eine optische Pracht. Es gibt viele Details zu sehen und einige Erkundungen zu machen bis ihr alle etwa 60 Orte entdeckt habt. Im Spiel übernehme ich einen Kapitän, der einer der vier Nationen Niederlande, Spanien, England oder Frankreich angehört. Ähnlich wie in einem Civilization beschert euch das bestimmte Boni wie z.B. bessere Angriffs- und Verteidigungswerte, die Bevölkerung ist einfacher zufrieden zu stellen oder ihr dürft euch über geringere Baukosten freuen. In der Betaversion ist neben dem Tutorial Spaniens Kampagne und das freie Spiel mit den Spaniern und allen Spielercharakteren verfügbar. Im freien Spiel bekommt man den Vizekönig vorgesetzt, der euch ebenfalls mit Aufgaben versorgt und dank der erhaltenen Ruhmpunkte einige Privilegien bereit hält.

Kleiner Abstecher in den Süden

In der Kampagne ist das große erklärte Ziel eure gewählte Kolonialmacht zur Souveränität zu verhelfen. Darum startet man in der Karibik auch als Kapitän eines Schiffes und versucht sich mit dem An- und Verkauf von Gütern ein kleines Vermögen anzuhäufen. Dabei müsst ihr euch, wie schon in den Vorgängern, das vielschichtige Handelssystem im Blick behalten. Gibt es an einem Ort Rum im Überschuss, dann fallen die Preise. Werden die Handelsrouten von Piraten oder Unwettern heimgesucht, dann gehen ganze Landungen verloren und der Preis steigt in ungeahnte Höhen. Zu Beginn seid ihr nur Kapitän eines einzigen Schiffs, später könnt ihr dann eure eigene Flotte aufbauen und ganze Handelsrouten festlegen. Seit 1987 Sid Meier’s Pirates! hat sich die Welt aber weitergedreht, weshalb ihr jetzt auch Strömung und Wind (eigene Karte) mit in eure Route einberechnen solltet. Wer mit Rückenwind fährt, wird deutlich schneller ans Ziel kommen, ein paar Tage Seefahrt einsparen und kann so auch mehr verkaufen. Oftmals müsst ihr Entscheidungen treffen ob und warum sich ein kleine Detour auf eurer Route auszahlen könnte? Sind die Waren wertvoll genug, gibt es Gegenwinde, Piraten oder sonstige Gefahren?

Eine Seefahrt die ist schön!

All diese Entscheidungen sind wichtig, aber hatten, wie zu Beginn angekündigt, bei früheren Wirtschaftssims den Charme einer Excel-Tabelle. Der erste Eindruck beweist, dass Port Royale 4 mit seinem Look and Feel gegen diese angestaubten Muster ankämpft. Mit den erwähnten Sandstränden und den vielen kleinen Details kommt sofort Karibikstimmung auf. Durch das hübsche azurblaue Wasser, die schönen Lichtstimmungen und die vielen verschiedenen Orte ist man immer in guter Laune auf Entdeckungstour zu gehen. Außerdem gibt es angenehme Vereinfachungen, wie die Einteilung der Waren in Grund-, Bedarfs-, Handels-, und Luxuswaren, die sofort verständlich sind. So ist das Spiel zwar immer noch komplex, für Einsteiger aber leichter zu verstehen. Genauso wichtig wie ein einfacher Spieleinstieg, ist das Städtebauen mit dem das Genre der Wirtschaftssim frischen Wind erhält.

Städtebau in Port Royale 4

Spielt ihr Port Royale 4 müsst ihr euch bewusst sein, dass ihr euch in einem mehr oder weniger lebendigen Ökosystem befindet. Auch andere Schiffe handeln und Städte wachsen oder schrumpfen aus Warenknappheit auf Dorfgröße zusammen. Um überhaupt in einer Stadt etwas bauen zu dürfen, benötigt ihr eine Baulizenz, die ihr dem Ort abkaufen müsst. Zu Beginn dürft ihr nur Produktionsstätten bauen und könnt damit z.B. die Weizenproduktion ankurbeln, um günstiger an das ausgewählte Gut zu kommen. Seid aber gewarnt, dass auch andere Händler Produktionsstätten bauen und die vielen Orte ebenfalls beeinflussen werden. Um eine Stadt sogar selbst verwalten zu dürfen, müsst ihr Wohnanlagen bauen und mindestens 500 Arbeiter in dem Ort unterbringen. Diese haben dann wie in Siedler Bedürfnisse, die ihr mit euren Handelsrouten stillen müsst. Später könnt ihr dann sogar Kirchen und weitere Gebäude bauen. Ihr solltet aber viel Geld im Sparschwein haben, denn ein neues Gebäude kostet so viel wie ein kleines Schiff. Auch hier setzt euch das Spiel vor viele interessante Entscheidungsmöglichkeiten.

Alles neu macht die Seeschlacht

Wenn ihr gerade eine besonders lukrative Handelsroute erschlossen habt, dann ist es nicht unwahrscheinlich, dass Piraten eure Schiffe und vor allem eure Ladung plündern wollen. In der Historie der Port Royale Spiele hat man schon viele verschiedene Kampfsystem ausprobiert und bisher war das Echtzeitsystem für viele Fans entweder zu komplex, zu überfrachtet oder prinzipiell einfach unzufriedenstellend. Darum setzen die Entwicklerinnen und Entwickler bei Port Royale 4 auf Rundenstrategiekämpfe mit Hexfeldern. Durch die taktischen Fähigkeiten der Schiffe und des Kapitäns machen die Seeschlachten viel Spaß. Da verzichtet das Spiel dann auf Realismus, denn mit meinem Flaggschiff kann ich einen Riesenkraken aus der Tiefer herbei beschwören. Wie viele Kämpfe ihr bestreiten müsst liegt an den Piraten, aber vor allem auch ob es Krieg zwischen den Kolonialmächten gibt oder ob Frieden herrscht.

Port Royale 4 Beta Fazit

Port Royale 4 macht schon jetzt einiges richtig und dürfte Fans mit den neuen Verbesserungen gefallen. Es muss aber noch einiges am Balancing geschraubt werden, denn gerade in der Kampagne waren die zeitlich limitierten Aufträge oft viel zu knapp bemessen und kaum schaffbar. Bei Hauptquests hilft dann nur Neuladen. Momentan macht es außerdem den Eindruck, dass man in den ersten paar Stunden auf gar keinen Fall kämpfen soll. Beim eigenen Kapitän ist das Level zu niedrig und beim Überfall eines Handelskonvois verliere ich zu viel Ruhmpunkte, als das sich das lohnen würde. Port Royale 4 will eben eine Wirtschafts- und keine Kriegssimulation sein und das ist auch gut so. Zu oft wurden meine Schiffe aber quasi wehrlos von Piraten geentert. Bis zum Release, dem 25. September ist aber noch viel Zeit, um diese Kleinigkeiten auszubessern. Das Gesamtpaket macht schon jetzt einen sehr guten Eindruck.