Kommentar: Netzsperren und die Ratlosigkeit

von Matthias Jamnig 30.07.2014

Mit 1. August werden einige Streaming- beziehungsweise Filesharing-Seiten in Österreich gesperrt. Dies zeigt nicht nur, dass so manche bornierte Herrschaft das Prinzip „freies Netz“ noch immer nicht verstanden hat. Sondern illustriert auch sehr schön, dass die betroffenen Branchen nach zwanzig Jahren immer noch nicht wissen, wie sie mit dem sogenannten digitalen Wandel umgehen sollen – es fehlt an Ideen.

Denn im Grunde spiegeln die aktuellen Netzsperraufrufe nur die Unfähigkeit einer ganzen Branche wider, mit einem oder mehreren brauchbaren digitalen Geschäftsmodellen aufzutrumpfen. Verbissen verteidigen änderungsunwillige Schlipsträger alteingesessene Analogmodelle und überlassen dabei das Feld Playern wie Amazon (Kritik hin oder her), Napster, Spotify oder Netflix. Die – nicht ohne Erfolg – versuchen, mit neuen Geschäftsideen die Kruste des eingefrorenen Status quo aufzubrechen.

Das Konsumverhalten ändert sich. Eine Branche, die nicht versteht, dass dies kein kurzfristiger Trend ist, wird sich langfristig auch mit Netzsperren nicht retten können. Die einzige Konstante unserer Zeit ist der stetige Wandel. Die angemessenen Reaktionen im Kampf gegen RaubkopiererInnen und InternetpiratInnen wären kreative neue Wege, Musik, Film, Spiel und vieles mehr an die Frau und den Mann zu bringen.

Die Telekomanbieter sehen ihre Rolle in diesem Spiel zudem mit Recht sehr kritisch. Es würde auch wenig Sinn haben, die Asfinag zur Verantwortung zu ziehen, wenn sich Menschen auf der Autobahn nicht an die Regeln halten oder, um es mit einem bekannten, plakativen Sprichwort zu sagen: Es ist nicht die Waffe, die tötet, sondern der Mensch. Also sollte der Hebel auch bei den Menschen ansetzen – mit Angeboten und nicht mit Verboten.

Am Ende sind Netzsperren wie Platzpatronen, nach einem ersten kurzen Schrecken erkennt man die Zahnlosigkeit einer solchen Maßnahme und belächelt diese milde. Doch anscheinend herrscht unter den EntscheiderInnen der Entertainment-Branche – mit Ausnahmen – eine jahrelange Ratlosigkeit gegenüber der Evolution digitaler Vertriebsmodelle. Ob Verweigerung oder Ignoranz, am Ende bleiben – mit oder ohne Sperren – jene übrig, die mit der Zeit gehen. Für den Rest fällt früher oder später der „Final Curtain“. Und wie heißt’s dann so schön im Showbiz: „You’ll never come back!“

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Anmerkung:

1. Es handelt sich bei dem obigen Artikel um die alleinige Meinung des Autors und nicht zwangsläufig auch um jene des gesamten Beyond-Pixels-Teams.

2. Der Vollständigkeit halber sei hier auch erwähnt, dass der Autor bei einem (von den Regelungen derzeit nicht betroffenen) Wiener B2B-Internetprovider beschäftigt ist, hier aber ausschließlich seine private Meinung vertritt.