Honor 6+ im Test

von postbrawler 24.06.2015

Was macht man als asiatischer Smartphone-Hersteller, wenn der eigene Firmenname hierzulande für billiges Plastikdesign und schwache Hardware steht? Ganz klar – man lässt ihn weg und schreibt den Pressetext so, als käme das neue Flaggschiff-Smartphone Honor 6+ von einem kleinen unabhängigen Start-up, das dafür gerade eine Million auf Kickstarter lockergemacht hat. Dieser Umstand kann natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass Huawei – die verantwortliche Marke hinter der Honor-Reihe mit Sitz in China – das Gerät herstellt und auch hierzulande verkauft. Doch keine Angst, es handelt sich um keines dieser Firmenhandys, die keiner haben will, sondern um ein Gerät, das sich durchaus auf Augenhöhe mit dem iPhone 6 und dem Galaxy S6 sehen will. Ob dieser Positionierungsversuch geglückt ist oder so rasch enttarnt wird wie die Pressemitteilung, erfahrt ihr in meinem Test.

Honor6+

Frisch aus der blauen Box befreit, wirkt das Honor 6+ auf den ersten Blick deutlich wertiger als beispielsweise Geräte der Ascend-Reihe. Seitlich am Rahmen hat das Smartphone Metallelemente, die zwar nicht zu einem durchgehenden Rahmen aufschließen, aber durchaus Anleihen beim iPhone oder auch beim neuen Samsung-Flaggschiff nehmen. Der obere und untere Rand des Geräts sind aus Plastik und die Front- und Rückseite aus Glas. Was nach einem wilden Material-Mischmasch klingt, passt optisch doch ganz gut zusammen und verleiht dem Honor 6+ eine edle Note. Mein Testgerät kommt in schickem Weiß mit Perlmutschimmer am Rücken daher, auf dem amerikanischen Markt soll aber auch schon eine schwarze Variante gesichtet worden sein. Das Ganze liegt für ein Gerät der 5,5-Zoll-Kategorie recht gut in der Hand und wiegt mit 133 Gramm auch nicht so viel wie andere Vertreter dieser Größenordnung. An der rechten Seite befinden sich dezent in den Metallstreifen eingefasst der Ausschaltknopf, die Lautstärkeregler und zwei separate SIM-Slots. Die Unterseite ist leicht abgerundet und beheimatet den USB-Stecker, der auch umgekehrt genutzt werden kann, um andere Geräte aufzuladen. Am Kopfende gibt’s noch einen Klinkenstecker für den Kopfhörer.

Display

Das Honor 6+ verfügt über ein 5,5 Zoll großes Full-HD-LCD-IPS-Display, das besonders hohe Kontrastwerte verspricht. Im direkten Vergleich zu einem iPhone 6 fällt dieser jedoch auch bei direktem Sonnenlicht kaum auf. Hervorzuheben sind aber die satten Farben und die hohen Betrachtungswinkel des Screens, die das Betrachten sehr angenehm machen.

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Kamera

Bei der Kamerawahl lautete die Devise „Klotzen, nicht kleckern“: Gleich drei Acht-Megapixel-Sensoren hat Huawei im Honor 6+ verbaut. Einen davon vorn für obligatorische Selfie-Action, die anderen beiden hinten. Ein duales Kameragespann ist beileibe keine Neuerfindung des Marktes, auch das HTC One und das Asus ZenPhone setzen auf die exotische Paarung zweier Linsen. Das Honor 6+ verspricht dadurch aber nicht nur schärfere Bilder und einen flotteren Autofokus sowie eine hohe Lichtsensibilität, sondern auch das nachträgliche Setzen des Fokus bei bereits aufgenommenen Bildern. Dabei produzieren die beiden Kameras eine Belichtung mit unterschiedlichen Brennweiten, und die FotografIn kann später entscheiden, ob er/sie lieber den Vorder- oder den Hintergrund des Motivs scharf dargestellt haben möchte. Das ist eine ganz nette Spielerei, aber nichts, wovon ProfifotografInnen feuchte Augen bekommen würden. Mangels optischer Bildstabilisierung ist das mit der Schärfe ohnehin so eine Sache, besonders bei dunklen oder hektischen Szenerien.

Akkulaufzeit

Im Honor 6+ ist ein großzügiger 3100-mAh-Akku verbaut, was zumindest auf dem Papier zwei Tage aktiven Betrieb verspricht. In der Realität war nach einem marktüblichen Tag noch ein klein wenig Restladung vorhanden. Dem wertigen Design ist auch geschuldet, dass man den Akku nicht wechseln kann, aber das ist auch bei anderen Flaggschiff-Geräten so.

Hardware

Anders als bei vergleichbaren Geräten kommt beim Honor 6+ kein Snapdragon-Prozessor zum Einsatz, sondern ein etwas exotischer HiSilicon Kirin 920. Dabei handelt es sich um einen flotten Oktacore-Rechenknecht mit 64-Bit-Architektur. Diesem stehen drei Gigabyte RAM zur Seite, was das Honor 6+ zum zukunftssicheren und potenten Unterbau für anspruchsvolle Apps und Spiele macht. Auch der Betrieb von Android auf dem Full-HD-Display läuft auf der Hardware flüssig und reibungslos. Der interne Speicher von 32 GB kann über einen der beiden SIM-Slots auf bis zu 128 GB erweitert werden. An der Antennenfront sind Triband LTE und WLAN 802.11n mit an Bord. NFC habe ich beim Test nicht so schmerzlich vermisst, da es hierzulande ohnehin noch kaum Anwendungsfelder dafür gibt.

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Software

Als Betriebssystem kommt Android 4.4.2 mit Emotion UI 3 zum Einsatz. Ein Upgrade auf Android 5 wurde bereits angekündigt. Das Huawei-eigene Interface ist im Vergleich zu anderen Vertretern wie Touchwhiz dankenswerterweise sehr schlank und aufgeräumt und lässt sich darüber hinaus in verschiedenen Schemata umstellen. Auch in puncto Bloatware und vorinstallierten Apps fällt das Betriebssystem des Honor 6+ positiv auf: Es liefert hauptsächlich Google-eigene Dienste und einige nützliche Hilfsprogramme mit.

Fazit

Als Smartphone-Fremdgeher kann ich allen Softwarewelten (einschließlich Windows-Phone) etwas abgewinnen. Aktuell nutze ich privat ein iPhone. Doch auch dieses Android Phone glänzt durchaus mit knackiger Performance, einem schicken Äußeren und einem guten Display. Softwareseitig ist die alte Android-Version natürlich ein Wermutstropfen, und auch die duale Kamera wird dem betriebenen Marketinghype nicht wirklich gerecht. Features wie Dual-SIM, Speichererweiterbarkeit und Reverse-Chargingfunktion wiegen aber Mängel wie WLAN 802.11ac, NFC, Wireless Charging, OIS oder USB Type-C nicht auf. Der günstige Preis für ein stylisches Produkt wie das Honor 6+ mag dem Gerät eine Daseinsberechtigung geben, die auch ein One+One hat, von einem „Flaggschiff“-Device erwarte ich mir aber ein paar mehr Alleinstellungsmerkmale. Dann darf das Gerät auch ein wenig mehr kosten.

Wertung: 7 Pixel

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