Wie Streaming die Spielentwicklung verändert – Twitch Talk

von Michael Neidhart 20.08.2018

Ethan Evans von Twitch versuchte mit seinem rund 30-minütigen Talk auf der devcom 2018 in Köln EntwicklerInnen Hinweise zu geben, wie und warum sie Streaming bei der Entwicklung ihrer Spiele berücksichtigen sollen. Als Startpunkt gab es eine spannende Zahl zu den Twitch-Usern. Das viel gehypte Fortnite generierte bereits 630 Millionen Stunden Sendezeit. Damit kann es mit zahlreichen großen Sportveranstaltungen mithalten. Das scheint auch das wiederkehrende Prinzip hinter der Faszination Twitch zu sein. Viele Nicht-SpielerInnen können oft nicht verstehen, warum man anderen beim Spielen eines Videospiels zusehen sollte. Die gleiche Frage ließe sich aber auch zum Thema Fußball, Tennis oder jeder anderen Sportart stellen. Warum gibt es dafür ein Publikum?

Videospiele als Sportart – Twitch als Kanal

Beim Talk von Ethan Evans musste ich sofort an diesen Vergleich denken. Im Prinzip geht es darum, mit dem Enthusiasmus einer Fangemeinde zu arbeiten und auf Gamification zu setzen. Mit Blick auf die EntwicklerInnen, die im Publikum vertreten waren, empfahl Evans, dass Spiele unbedingt einen kompetitiven Modus eingebaut haben sollten. Etwas, dass die Replayability erhöht, da das Publikum nur so lange bei Laune gehalten werden kann. Story-lastige Spiele generieren am Beginn zwar auch eine große Fangemeinde, sobald der Ausgang der Story oder ihre tollsten Momente jedoch bekannt sind, sinkt die Rate an ZuseherInnen rapide. All das scheinen interne Datenauswertungen von Twitch zu zeigen.

Ich schaffe dieses Level in kürzerer Zeit!

Wie Jugendliche ihren großen Sportidolen nacheifern, wollen auch SpielerInnen so werden wie die großen Stars der Szene. Streaming erzeugt damit ein Gefühl des „Ich kann das auch“ oder „Ich schaffe dieses Level in kürzerer Zeit“. Das wiederum kurbelt die Verkäufe an. Um Fußballspielen zu können, muss ich mir zuerst einen Ball besorgen und um ein Spiel spielen zu können, muss ich es mir zuerst einmal kaufen. Dank der Streaming-Angebote vergrößert sich  der Einflussradius eines Spiels. Nicht nur Core-GamerInnen schauen sich Spiele auf Twitch an, auch Casual-Gamer oder Leute, die anderswo von einem Spiel gehört haben, überlegen vielleicht einen Kauf.

Gaming wird/ist Teil der Popkultur

Evans baut seinen Talk sehr gut auf. Mit immer lauter werdenden Schritten nähert er sich dem Kernelement, warum Twitch so erfolgreich ist und was das für EntwicklerInnen bedeutet. Spiele werden bzw. sind bereits Teil der Popkultur und wirken auf und durch klassische Medien auf die breite Masse. Als Beispiel nennt Evans wieder Fortnite und zeigt ein Bild des französischen Fußball-Superstars Antoine Griezmann, der nach einem gelungenen Tor mit einer Fortnite-Pose feiert. Wer das Spiel kennt, fühlt sich darin bestätigt. „Auch Erwachsene spielen mein Spiel“. Auch eine Co-op zwischen Drake und dem Streamer Ninja zeigt deutlich, dass Videospiele ein immer größer werdender Teil der Popkultur sind.

Im Grunde ist Twitch der mediale Kanal der Videospiel-Generation. Um diesen optimal nutzen zu können, sprich sein Spiel bestmöglich einer breiten Masse zugänglich zu machen, rät Evans den EntwicklerInnen folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Die beste Werbung für ein Spiel kommt von Einzelpersonen, die nicht mehr auf klassische Medien angewiesen sind, sondern ihre Beiträge direkt, via Stream, ans Publikum bringen.
  • Dieses soll sich vom bloßen Beobachter zum integralen Bestandteil der Spiele entwickeln.
  • Videospiele zu spielen bedeutet in Zukunft nicht mehr, sich den ganzen Tag in deinem dunklen Kämmerchen zu verschanzen.
  • Das Spielen wird zur gemeinsamen Erfahrung, die mit der ganzen Welt geteilt werden möchte.

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