Broken Age Akt 2 (PS Vita) im Test

von postbrawler 12.05.2015

brokenage

Nach schier endloser Wartezeit ist es endlich vollbracht: Das lang ersehnte Projekt von Tim Schäfers Double Fine Studios, das einst den großen Kickstarter-Hype auslöste, ist mit dem zweiten Akt (der erste erschien ja bereits im Jänner des Vorjahres) nun endlich vollständig. Doch schön der Reihe nach: Bereits im Februar 2012 kündigten die Adventure-Veteranen Tim Schäfer und Ron Gilbert, bekannt durch legendäre Point-and-Click-Adventures wie Monkey Island und Grim Fandango, ein Projekt namens Double Fine Adventure über Kickstarter an. Sie wollten 400.000 US-Dollar für die Entwicklung eines Klassikers der alten Adventure-Schule über das bis dahin noch recht unbekannte Medium des Crowdfundings sammeln. Publisher konnte man für derlei Spiele zum damaligen Zeitpunkt nur schwer erwärmen, wohl aber die treuen Fans der alten Lucas-Arts-Klassiker. Bereits am Tag nach der Ankündigung des ambitionierten Projektes war eine Million Dollar lukriert, in Summe fanden sich fast 90.000 begeisterte UnterstützerInnen, die 3,3 Millionen US-Dollar für das Spiel auslegten!

One Million Dollars.

Ein überwältigender Erfolg und ein Statement, das bis heute die Landschaft der Indie-Spiele-Entwicklung nachhaltig geprägt hat. Auch andere Projekte haben über Kickstarter und Co. einen erfolgreichen Weg der Finanzierung gefunden. Prominentestes Beispiel ist wohl Chris Roberts geistiger Wing Commander-Nachfolger Star Citizen, dessen bis heute gespendete 50 Millionen US-Dollar selbst das Double Fine Adventure in den Schatten stellten. Doch zurück zu Tim Schäfers Versprechen.

Eine Reinkarnation, ein Liebesbrief an all die treuen Genre-LiebhaberInnen sollte es werden, das Spiel, das mittlerweile den Namen Broken Age verpasst bekam. Doch selbst 3,3 Millionen stellten sich während des Projektverlaufes als zu optimistische Summe heraus. Tim Schäfer musste eine Aufteilung des Spiels auf zwei Akte und viele Verzögerungen in der Entwicklung verlautbaren. Auch der zwischenzeitliche Abgang von Ron Gilbert, dem kreativen Hirn der Double Fine Studios, trug das Seine dazu bei, dass Broken Age Akt 1 ein knapp vierstündiges, laues Lüftchen statt des prophezeiten Adventure-Messias wurde. Ganz nett zwar, mit witzigen Charakteren und Dialogen, aber eben nicht mehr.

Kann Akt 2 all das wieder gut machen? Gelingt es den EntwicklerInnen, die selbst gesteckten Ziele zu erreichen und ein Finale abzuliefern, das die 80.000 BackerInnen besänftigt und die Adventure-NostalgikerInnen da draußen zufriedenstellt? Nach dieser viel zu langen Einleitung kann ich mit der Kraft der Überzeugung sagen: Jein!

Broken Age Akt 2 fügt sich nahtlos in das Hauptspiel ein. Die Handlungsstränge der beiden AkteurInnen Shay und Vella verlaufen parallel zueinander, und SpielerInnen können jederzeit zwischen den beiden wechseln, um die jeweils andere Geschichte weiterzuspielen. Während Vella als Jungfrau eines kleinen, abergläubischen Dorfes einem Seeungeheuer zur Besänftigung geopfert werden soll, wird der Junge Shay von einer sehr mütterlichen KI auf einem Raumschiff fest- und durch kindisch-repetitive Spielchen bei Laune gehalten. Vellas Akt spielt sich dabei von Anfang weg spannender und schneller als der erste. Sehr zu meinem Missfallen werden viele der alten Schauplätze und Figuren einfach recycelt und für den jeweils anderen Handlungsstrang einfach nochmals besucht. Zwar mit anderen Rätseln und teilweise auch optisch ein wenig verändert, aber dennoch. Hier wäre deutlich mehr Potenzial für Kreativität und Abwechslung gewesen.

Die Tugenden eines Adventures, nämlich knackige, witzige Rätsel, interessante und schrullige Charaktere und liebevolle, malerische Sets hat Broken Age natürlich. Man sieht dem Spiel deutlich an, wohin die drei Millionen Dollar geflossen sind. Auch die deutschen SprecherInnen und der Soundtrack zeugen von einer durchwegs hohen Produktionsqualität. Wirklich einzigartig ist der künstlerische Stil, in dem Broken Age gehalten ist. Jede Kulisse, jede Figur wirkt wie ein lebendiges Gemälde und unterstreicht die teils melancholische, teils urkomische Geschichte von Broken Age. Das große Finale hingegen wirkt leider ein wenig unfertig und ist daher höchst unbefriedigend, was dem ganzen Spiel irgendwie einen öden Nachgeschmack verpasst.

Broken Age kann zwar als gelungene Kickstarter-Kampagne und als leuchtendes Beispiel für eine Spieleentwicklung abseits der starren Strukturen eines Publishers gesehen werden, aber leider nicht als die erhoffte Offenbarung in der Adventure-Landschaft. Zwar ist das Genre wohl auch durch dieses Lebenszeichen wieder ein wenig in den Fokus gerückt, und Firmen wie Telltale Games und Daedalic sind aus ihrem Dornröschenschlaf geküsst worden. Dennoch bin ich froh, nicht zu den enthusiastischen BackerInnen zu gehören, die angesichts des lauen Ergebnisses doch ein wenig enttäuscht sein dürften.

Wertung: 6.5 Pixel

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