Bayonetta 2 (Wii U) im Test

von David Kolb-Zgaga 13.10.2014

Bayonetta2_Teaser

Bayonetta 2 ist eines der am heißesten ersehnten Spiele für Nintendos krisengebeutelte Wii U. Die Fans der hübschen Hexe Bayonetta warten auf einen weiteren abgedrehten Teil, der, wenn möglich, genauso over the top ist wie schon sein Vorgänger. Ob der Action-Slasher auf der Wii U funktioniert und Teil eins das Wasser reichen kann, erfahrt ihr in meinem Test.

Wer oder was ist eigentlich Bayonetta?

Für diejenigen, die die mächtige Hexe noch nicht kennen, gibt es hier eine kurze Zusammenfassung ihrer Charaktereigenschaften und Eigenheiten: Bayonetta ist eine Hexe, die mit ihren Haaren zaubern und mächtige Dämonen beschwören kann. Sie trägt ein schwarzes Lederoutfit (das aus ihren Haaren besteht), verfügt über vier Schusswaffen (zwei in den Händen, zwei in den Stöckelschuhen) und ist einer der exzentrischsten Charaktere der Videospielgeschichte. Man könnte auch sagen, dass Bayonetta quasi der weibliche Duke Nukem ist, da erstens ihr Badass-Faktor enorm hoch ist und zweitens bei ihr nicht mit Klischees gespart wurde.

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Himmel vs. Hölle vs.?

Die Geschichte von Bayonetta 2 ist schnell erzählt: Die Lumen-Weisen bekämpfen wieder einmal die Umbra-Hexen, wodurch der schon aus Teil eins bekannte Konflikt zwischen Himmel und Hölle ausbricht. Interessanterweise kämpft man mit Bayonetta aber gegen die Scharen aus Engelskriegern. Im Laufe der Geschichte gibt es einige Twists, dazu eine weitere Macht, die das Leben auf der Erde vernichten möchte. Zu allem Überfluss wird Bayonettas Hexenkollegin Jeanne ihrer Seele beraubt, was in Bayonetta 2 zu einem längeren Abstecher in die Hölle führt. Natürlich sind der coole Rodin und der vertrottelte, leicht schnöselige Enzo wieder mit dabei. Auch gibt es eine Handvoll neuer Charaktere – die ihr euch aber selbst im fertigen Spiel ansehen solltet.

Prinzipiell hat sich an der Erzählweise nicht viel geändert: Noch immer liegt der Fokus auf sehr unterhaltsamen, actionreichen Zwischensequenzen, in denen trashige One-Liner nicht fehlen dürfen. Die Story selbst ist im Grunde spannend, allerdings auch sehr verschachtelt; man sollte den Vorgänger kennen, um die gesamte Handlung verstehen zu können. Außerdem gibt es einige Szenen, die sehr viel Fanservice bieten. So kommt es z. B. vor, dass man die Tutorial-Szene aus Bayonetta in einem ganz anderen Kontext noch einmal spielen darf und so einige nette Rückblicke aus Teil eins erlebt. Dies wurde einfallsreich gelöst und dürfte Fans des Franchises sehr viel Spaß machen.

Action-Achterbahn

Grundsätzlich ist Bayonetta 2 wieder genauso japanisch und überzogen wie der Vorgänger, egal, ob es die Charaktere, die Handlung oder die Dialoge betrifft. Am schönsten übertreibt es Bayonetta 2 aber bei der Action. Schon zu Beginn fliegt man auf einem Jet und bekämpft zentaurenähnliche Himmelskreaturen. Hat man die Gegner durch das eindrucksvolle Kampfsystem (dazu später noch mehr) zur Strecke gebracht, rast der Jet in ein Hochhaus. Bayonetta springt im letzten Moment ab, woraufhin ein riesiger Engelsdrache erscheint, der die Maße eines Hochhauses hat! Der Titel hat ein enorm hohes Passing und lässt den/die SpielerIn kaum zur Ruhe kommen, denn jede neue Szene beinhaltet eine weitere wahnsinnige Idee der Entwickler. Bayonetta 2 steigert sich immer weiter, wirft die Hexe in immer größere, bombastischere Bosskämpfe, wodurch das Spiel zu einer rasanten Action-Achterbahnfahrt wird. Allerdings muss man erwähnen, dass die SpielerInnen das auch schon im ersten Teil gesehen und sich leider ein wenig daran gewöhnt haben. Als ich den Vorgänger zum ersten Mal spielen durfte, dachte ich schon bei der Hälfte, dass das nicht mehr imposanter gehen kann, und wurde immer wieder eines Besseren belehrt. Das schafft Bayonetta 2 nicht mehr ganz so gut, da man das Tempo und die Abläufe schon genauer kennt und daher nicht mehr so leicht zu überraschen ist. Das ist aber Kritik auf sehr hohem Niveau, denn es gab auch in Bayonetta 2 wieder einige Momente, in denen meine Kinnlade vor Erstaunen bis zum Boden herunterklappte.

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Angriff ist die beste Verteidigung

Damit Bayonetta sich der Engel- und Dämonenscharen erwehren kann, gibt es einige Möglichkeiten, wie man den imposanten Bossen den Garaus machen kann. Es gibt zwei Hauptangriffe, die Tritte oder Schläge auslösen. Wie es sich für einen Slasher gehört, kann man diese beiden Angriffe spektakulär miteinander kombinieren und mit speziellen Kombos die Gegner auch in die Luft werfen und dort weiter bearbeiten. Das ist zwar sehr standardmäßig, funktioniert aber ungeheuer gut, und schon nach wenigen Spielstunden zaubert man mit Bayonetta die waghalsigsten Kombos aus dem Hut. Besonders die Nahkampfattacken gepaart mit Fernkampfangriffen durch Schusswaffen an Händen und Füßen funktionieren exzellent. Da die Hexe auf Schnelligkeit setzt, kann sie zwar nicht blocken, allerdings kann sie sich per Knopfdruck für ganz kurze Zeit in einen Schwarm Fledermäuse verwandeln und so den Angriffen der Gegner ausweichen. Schafft man das, kurz bevor der Angriff eintrifft, startet die Witch-Time, in der die Zeit stark verlangsamt ist und man quasi ungehindert auf die wehrlosen Engel einprügeln kann. Dadurch entsteht ein sehr dynamischer Wechsel von Angriffen und Verteidigung, was durch die hohe Geschwindigkeit und die flüssigen und coolen Moves von Bayonetta enorm viel Spaß macht. Schaut es euch einfach selbst an:

Tödliche High Heels

Kämpft man gegen etwas größere Brocken, sollte man besonders darauf bedacht sein, nicht getroffen zu werden, denn nach einiger Zeit kann man ein besonderes Move-Set ausführen, das enorm viel Schaden verursacht. Dann ist das Kampfgetümmel mit riesigen aus Haaren beschworenen Händen und Stöckelschuhen übersät, was vor allem kleinere Standardgegner wie die vorhin erwähnten Zentauren reihenweise eliminiert. Alternativ kann man einen Folterangriff starten, der sich zwar nur gegen einen Gegner richtet, diesen aber oftmals tötet. Es gibt unterschiedliche Folterangriffe, so wird ein Feind z. B. in eine eiserne Jungfrau gesteckt oder sogar gerädert. Das klingt ziemlich geschmacklos und brutal – und ist es im Grunde auch! Allerdings ist die Gewaltdarstellung so abgedreht und in einer gewissen Weise auch so abstrahiert, dass man diese Szenen eher als Gag wahrnimmt und nicht als brutale Tötungsakte. Das mag vielleicht nicht allen gefallen, aber so ist Bayonetta eben. Außerdem werden die Szenen meist durch ein gewisses Augenzwinkern entschärft.

Nintendofiziert

Damit man Bayonetta verstärken und auch ein wenig individueller gestaltet kann, gibt es einen Item-Shop und einige versteckte Gegenstände in den Levels. Mit diesen schaltet man neue Angriffe oder Waffen frei. Die genaue Suche in den Levels lohnt sich sehr, denn wer möchte z. B. auf Flammenwerfer auf den Füßen verzichten? Besonders cool sind aber die verschiedenen Kostüme. Sie sind zwar extrem teuer, bei den Nintendo-spezifischen verändert sich aber sogar das Gameplay ein wenig. So kann man z. B. ein Samus-Aran-Outfit kaufen, mit dem man einen Power-Beam aufladen kann. Weiters gibt es ein Star-Fox- und ein Prinzessin-Peach-Kostüm, außerdem ist es möglich, mit stilechter grüner Zipfelmütze, Mastersword und Schild im coolen Link-Outfit zu kämpfen. Die neuen Looks und coolen Sonderwaffen bringen ein bisschen Abwechslung mit sich und motivieren dazu, möglichst alles in jedem Level einzusacken. Einzig die Zwischensequenzen mit Bayonetta-Link sind etwas verstörend …

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Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Hat man dann die etwa zehnstündige Story durch, kann man diese, um noch mehr Gegenstände zu kaufen und freizuschalten, erneut auf einem höheren Schwierigkeitsgrad (leicht, einfach, schwer, höllisch) nochmals durchspielen. Besonders die beiden Stufen schwer und höllisch machen ihrem Namen wirklich alle Ehre. Wer eine Herausforderung sucht, wird damit mehr als gut bedient, denn nicht selten sieht man dann den Game-Over-Screen. Wer die Story nicht erneut durchspielen möchte, aber trotzdem weiterhin Geld verdienen will, kann auch die neu eingeführte Hexenklimax ausprobieren. Während der Story schaltet man Hexenkarten und damit weitere Herausforderungen frei. Diese können dann mit FreundInnen oder der CPU bestritten werden. Besonders wenn zwei SpielerInnen gleichzeitig kämpfen, ist das Effektgewitter unglaublich eindrucksvoll. Die Kämpfe sind dadurch noch rasanter, allerdings auch ein bisschen chaotischer und unübersichtlicher. Alles in allem ist der Hexenklimax eine gute und gelungene Ergänzung zum eigentlichen Hauptspiel, in der man gemeinsam mit FreundInnen in kniffligen Gefechten noch einmal so richtig die Sau rauslassen kann.

Grafik & Sound

Grafisch gesehen ist Bayonetta 2 nicht gerade ein Meilenstein. Es gibt vor allem im Hintergrund immer wieder Texturen, die stark verwaschen bzw. grob und undetailliert sind. Außerdem treten manchmal unschöne Effekte auf. So wirkt das Verhalten von großen Wassermengen, die weiter weg sind, sehr konstruiert. Der große Vorteil, den Bayonetta 2 allerdings hat, ist, dass man diese wenigen hässlichen Details während der Action meist gar nicht mitbekommt; außerdem hat das Spiel einen markanten und sehr sicheren Grafikstil. So sind wichtige Objekte wie z. B. Gegner detailliert und schön designt. Wie schon vorhin beschrieben, sind vor allem die Bossgegner sehr kreativ entworfen. Diese fantastischen Wesen sind nicht nur cool anzusehen, sondern – wie Bayonetta auch – sehr flüssig und dynamisch animiert. Bayonetta 2 ist extrem bildgewaltig und schafft es trotz der nicht ganz so hohen Rechenpower der Wii U, ein Actionspektakel auf den Bildschirm zu zaubern.

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An den Soundtrack musste ich mich, wie schon beim ersten Teil, wieder gewöhnen, da ich wenig japanisch angehauchten Trash-Pop/Rock höre. Sobald man diese Eingewöhnungsphase überwunden hat, gehen die Melodien aber ins Ohr und untermalen mit flotten Sounds die noch flotteren Kämpfe. Besonders die epischen Schlachten werden vom Soundtrack besonders gut hervorgehoben.

Fazit

Ich kann es nicht oft genug wiederholen: Bayonetta 2 ist wie schon der Vorgänger unglaublich verrückt – und der Wahnsinn nimmt mit jeder Spielminute weiter zu. Wer mit diesem Stil nichts anfangen kann, sollte lieber die Finger davon lassen. Ich jedoch bin großer Bayonetta-Fan, weshalb mir auch Bayonetta 2 ungeheuer viel Spaß bereitet hat. Das Kampfsystem ist großartig, die Szenarien und die gewaltigen Bossgegner abgedreht, und Bayonetta in der Hauptrolle ist sich nicht zu schade, jedes Klischee durch den Kakao zu ziehen. Auch wenn Bayonetta 2 nicht ganz so pompös und gewaltig ist wie der erste Teil, ist der Titel für Fans ein absolutes Muss und für mich eines der bisher besten Spiele für die Wii U!

Wertung: 9 Pixel

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[…] sich wünscht, etwas länger in der Welt von Bayonetta verweilen zu können, dem sei Bayonetta 2 auf der Wii U ans Herz gelegt, denn die Blu-ray beschert euch außer einer Trailershow und einem […]