Battlefield Hardline (PS4) im Test

von postbrawler 19.04.2015

Im großen Teich der Ego-Shooter steht die Battlefield-Reihe für kurze, belanglose Singleplayer-Kampagnen, groß angelegte Multiplayer-Geplänkel mit Fahrzeugen und bis zu 64 SpielerInnen, und dem Streben nach der Grafikfeferenzkrone. Letzteres bedarf keiner Neuerfindung – dank „Frostbite 3“-Engine sieht das neueste Werk der Reihe wie immer zum Anbeißen aus. Doch vor allem in Sachen Handlung und Storytelling galt es für Publisher EA an die schärfste Konkurrent – Call of Duty – aufzuschließen. Zu diesem Zwecke vergab man die Entwicklungslizenz diesmal nicht an das schwedische EntwicklerInnenstudio DICE, sondern an Visceral Games, das sich seine Genre-Sporen bereits mit der beklemmenden Weltraum-Saga Dead Space verdiente. Herausgekommen ist ein spielbares CSI Miami mit glaubhaften Charakter und einen interessanten neuen Episodenformat. Ob auch die alten Tugenden einem echten Battlefield würdig sind, lest ihr in meinem Review.

Stehenbleiben, sie sind verhaftet!

Nick Mendoza ist Kubaner, und Cop des Miami Police Departments. Mit Drogengangs, Diskriminierung und sozialer Ungerechtigkeit kennt er sich aus. Als gewissenhafter Streber steckt er seine Nase in heikle Angelegenheiten, und wird prompt eines Verbrechens bezichtigt, dass er nicht begangen hat. Also wandert Nick für drei Jahre hinter schwedische Gardinen. Er schwört Rache, flieht vor dem Gesetz, ballert dabei halb Miami über den Haufen und sprengt einen alten Militärflughafen in die Luft. All das erlebt ihr im handlichen Episodenformat. Gute Idee: Vor jedem Spielstart präsentiert Battlefield Hardline einen kurzen Vorspann („Was bisher geschah“), und vor dem Ausstieg einen Nachspann („Nächstes Mal bei Hardline“). Auch dazwischen präsentiert sich das Spiel sehr Cutscene-lastig. Trotz all dieser erzählerischen Errungenschaften wirkt der Story-Teil von Hardline leicht aufgesetzt und als stumpfe Rechtfertigung für das gezielte Hinrichten von Gegenspielern. Okay – es gibt neuerdings auch die Möglichkeit Widersacher via Tastendruck zur Aufgabe zu zwingen, und diese dann widerstandslos festzunehmen. Ein Splinter Cell alter Tage, in dem man sich schleichend und Feindkontakt-vermeidend fortbewegt, darf man aber trotzdem nicht erwarten. Zwar wird taktische Vorgehensweise und die Verhaftung gewisser Feinde mit extra-Punkten belohnt, dafür kann man sich aber doch wieder nur neue Schießprügel freischalten. Da beißt sich der Hund selbst in den Schwanz. Ganz skurril wird die Sache dann, wenn Nick als marodierender Gesetzloser immer noch mit der Polizeimarke GegnerInnen zum Aufgeben zwingt, auch wenn diese deutlich in der Überzahl, und stärker bewaffnet sind. Aber den Gipfel der Stumpfsinnigkeit erreicht die Handlung in einer gewissen Hochhausszene. Während Nicks Komplize ungehindert via Kran an der Hausfassade hoch gelangt, wählen der Protagonist und seine Partnerin einen, naja – sagen wir mal – „kreativeren“ Weg. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten, um euch den Spaß an der Szene nicht zu verderben. Die Moral von der Geschichte hat dann weder Highlight-Charakter, noch wirkt das Ende sonderlich befriedigend. Genau genommen bleiben mehr Fragen offen, als in der knapp dreistündigen Kampagne je hätten beantwortet werden können, was wohl auf eine baldige Fortsetzung des frischen Gangster-Cop-Szenarios hinweist.

Präsentation

Was im Multiplayer von Battlefield typischerweise groß angelegte und weitläufige Maps sind, das sind im Singleplayer die Schlauch-Levels. Das ist auch in Hardline nicht viel anders. Manche Bereiche wie die Villa eines Verdächtigen in den Hollywood Hills sind an Linearität kaum noch zu übertreffen. Andere Areale sind mit unsichtbaren Begrenzungslinien versehen. Wer dieses Einsatzgebiet verlässt, riskiert einen Missionsabbruch. Das ist keine besonders elegante, aber eine bereits bekannte Lösung aus dem Battlefield-Universum. Zwischenzeitlich wird die Handlung von Autoverfolgungsjagten, Hovercraft-Ausflügen in die Everglades, oder Panzer-Fahrten aufgelockert. Die Präsentation der Umgebung ist dabei stets stimmig und glaubwürdig. Egal ob die vermüllten Ghettos von Miami, die verwinkelten Gänge eines alten Militärbunkers, oder eine weitläufige Wüstengegend: selten stolpert man über grafische Assets, die der Glaubhaftigkeit, der gezeigten Welt, nicht zuträglich wären. Auch die Gesichtsanimationen, das Charakterdesign und das Schauspiel der agierenden ProtagonistInnen wirken durchwegs sehr hochwertig und authentisch. Wäre da nicht die teilweise echt haarsträubend schlechte Handlung, man könnte Hardline glatt für einen ernstzunehmenden Konkurrenten für Call of Duty halten. EA ist mit Visceral Games zumindest auf dem richtigen Weg.

Multiplayer

Wer sich bei Battlefield Hardline  einen waschechten Battlefield-Multiplayer erwartet, wird etwas enttäuscht sein. Die Maps sind bisweilen viel kleiner als in den Vorgängern, Fahrzeuge spielen eine stark untergeordnete Rolle, und das noch im vierten Teil groß angepriesene Prinzip der „Levolution“ wird in Hardline kaum noch als echter Selling-Point eingesetzt. Was bleibt sind ein frisches Setting, abseits vom klassischen Militär-Geplänkel und einige neue Modi, die den Räuber- und Gendarm-Charakter von Hardline stärker unterstreichen sollen. Hotwire beispielsweise hat kaum was mit einem Shooter gemein. Viel mehr spielt man hier eine Autoverfolgungsjagt im Stile von Fast & Furious nach. Eine Variante des „Obliteration“-Modus stellt „Blood Money“ dar, in dem GanovInnen Geld aus einem Tresor klauen müssen, während die Cops das zu verhindern versunden, und die Scheine wieder zurück in den Tresor liefern müssen. Team-Deathmatch macht in Hardline am wenigsten Sinn, da die Spawnpunkte auf der Map so sinnlos verteilt wurden, dass man in der Regel vor der Flinte einer GegenspielerIn wiedererwacht, und alsbald wieder das Zeitliche segnet. Kampfjets oder Panzer kann man in Hardline gleich ganz vergessen. Das höchste der Fahrzeug-Gefühle sind noch Hubschrauber, die man zumindest in einer Map zum Einsatz bringen darf.

Zusammenfassung

Der Singleplayer-Modus von Battlefield Hardline stellt im direkten Vergleich mit den Vorgängern noch die größte Innovation dar. In Punkto Charakterentwicklung, Storytellung und Präsentation hat sich einiges getan. So hat es EA nach langer Zeit endlich mal geschafft ein wirklich unterhaltsames, wenngleich auch haarsträubend unrealistisches Shooter-Erlebnis zu erschaffen. Im Multiplayer braucht man sich von Hardline keine Genre-Revolution erwarten. Das Gesamtpaket weiß trotzdem gut zu unterhalten, und macht Lust auf mehr Cop-Stories aus der Feder der Dead Space-SchöpferInnen.

Wertung: 8 Pixel

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