Back in the 90’s – Yooka-Laylee im Test

von David Kolb-Zgaga 04.04.2017

Team 17 möchte mit Yooka-Laylee die späten 90er und vor allem das Spielgefühl eines Banjo-Kazooie zurück auf den Bildschirm bringen. Mit der Hilfe von ehemaligen Rare-Mitarbeitern ist dies auch eindrucksvoll gelungen, denn der 3D-Action-Platformer schreit einem gerade zu in Gesicht, dass er der geistige Nachfolger damaliger Spiele ist. Das führt einerseits zu fantastischem, nostalgischem Gameplay, andererseits erhält man dadurch aber auch die Schwächen von vergangenen Zeiten.

Rare-surrect the Buddy-Duo Platformer

Was waren die späten 90er und 2000er bloß für eine Zeit für Rare? Perlen wie GoldenEye 007, Diddy Kong Racing, Banjo-Kazooie, Donkey Kong 64, Perfect Dark und eben auch Banjo-Tooie sind alle innerhalb von vier Jahren erschienen. Gerade gute, klassische 3D- Platformer sind am Markt rar geworden und es ist kein Wunder, dass die Kickstarter Kampagne für Yooka-Laylee so gut gelaufen ist. Anstatt eines Bären und eines Vogels gibt es jetzt ein Chamäleon und eine Fledermaus und die Hexe wurde durch eine fies aussehende Biene, als Antagonisten ausgetauscht. Die Story ist genauso belanglos, kindisch und unwichtig, wie in den 90er Jahren und das ist nicht einmal böse gemeint. Meiner Meinung nach (und das sage ich als Story-Enthusiast) braucht ein Platformer dieser Sorte keine spannende Handlung, sondern lediglich eine passende Rahmenbedingung, mit einem Ziel vor Augen. Das schafft Yooka-Laylee auch ganz gut, denn um den bösen Capital B (da hätte Team 17 auch mich für die Wortwitze beauftragen können) zu bezwingen, müssen alle goldenen Seiten gefunden werden. Nur durch diese Buchseiten (bei Banjo-Kazooie waren es noch Puzzle-Teile) können neue Welten freigeschaltet werden. Und sogar die merkwürdige Sprachausgabe hat Team 17 beibehalten, denn die Charaktere reden nur über Textboxen und machen dabei lediglich Grunz- und Stöhn-Geräusche. Wie gesagt, das wäre eigentlich alles nicht so tragisch, wenn, ja wenn die auftretenden Charaktere nicht so viel zu sagen hätten. Das Durchklicken der Dialoge ist teilweise mühsam und nicht abbrechbar. Immer wieder komme ich in Situationen, wo ich eigentlich das Spiel spielen möchte und nicht einer Schlange beim Zischen zuhören muss.

Knifflig und anspruchsvoll

Apropos Spielen, das Gameplay fühlt sich wirklich genau so an wie damals und das ist als Kompliment zu verstehen! Es hüpft und rennt sich noch wie zu den besten Rare-Zeiten und als ich mit dem Erforschen der ersten Welt beginne, habe ich unheimlich viel Spaß. Es gibt an jeder Ecke etwas zu entdecken, das Level ist quietschbunt, fröhlich und einladend gestaltet. Die Jump&Run-Einlagen sind dabei wie gewohnt von Beginn an knifflig, wodurch ich von Anfang an eine angenehme Herausforderung habe. Als ich dann aber zum ersten Levelboss gelange, sterbe ich gefühlte 100 Mal und das nicht zuletzt, weil die Kamera verrückt spielt. Eine verpasste Chance ist außerdem die Kombinationsfähigkeit der verschiedenen Bewegungen, die so quasi nicht vorhanden ist. In einem 3D-Mario kann ich problemlos Rückwärtssalto, Walljump und Weitsprung zu einem Gesamtmanöver kombinieren. Wie schon 1998 fehlt mir dieses Feature auch jetzt ein bisschen.

Mühsames Backtracking

Dafür haben Yooka und Laylee viel mehr Fähigkeiten, als der italienische Klempner. Vom Gleiten und rasant über den Boden Rollen, bis hin zum Geschossespucken gibt es hier viel Abwechslung, aber nicht von Anfang an. Aus diesem Grund lerne ich auch die Hosen tragende Schlange Trowzer kennen (da wären wir wieder bei den Wortwitzen). In der Oberwelt schenkt mir der Hosenträger pro gefundener Welt eine neue Fähigkeit, in den Levels selbst muss ich dafür mit gefundenen Federn bezahlen. Die Progression ist motivierend, hemmt mich aber auch extrem in meinem Spielfluss. Die 25 Buchseiten pro Level können oftmals nur erreicht werden, wenn ich eine Fähigkeit aus späteren Levels bereits besitze. Ohne z.B. Gleiten oder den Hochsprung habe ich keine Chance an die verschiedenen Buchseiten zu gelangen. D.h. ich muss zuerst ins nächste Level, wo ich noch weniger weiterkomme, weil dort noch weitere Moves benötigt werden. Das unterbricht meinen Flow total und das ständige, imaginäre „Du-Kommst-Hier-Nicht-Weiter-Schild“ beginnt sehr zu nerven. Aus diesem Grund habe ich so schnell wie möglich alle Levels und dessen neue Aktionen freigeschaltet, um dann nochmal von vorne loszulegen und die Levels zu komplettieren. Einige Retro-Fans werden hier zurecht anmerken, dass dies auch schon so Banjo-Kazooie war, aber auch schon zu damaligen Zeiten war dies kein optimales Gamedesign. Z.B. bei einem 3D-Mario kann ich jede Herausforderung und jede Aufgabe, die ich vor mir sehe auch sofort lösen und ausprobieren. Für mich das bei Weitem befriedigendere Erlebnis.

Erweiterbare Levels

So viel Spaß mir das erste Level gemacht hat, die zweite Stage sinkt etwas vom Niveau her und die Dritte hat mich überhaupt nicht angesprochen. Danach geht es zum Glück wieder bergauf, aber zwischendurch hat Yooka-Laylee einen deutlichen Hänger, obwohl die Settings Dschungel, „Frozen“, Sumpf, ja sogar Weltall eigentlich viel Abwechslung bieten sollten. Immerhin gibt es aber ein cooles Feature, die die jeweiligen Levels noch interessanter macht. Normalerweise braucht man die goldenen Buchseiten, um die neuen Orte freizuschalten. Es ist aber auch möglich sie einzulösen, um die Stages zu vergrößern und neue Gebiete hinzuzufügen. Das ist auch unbedingt notwendig, wenn man dem jeweiligen Boss gegenübertreten möchte.

Nostalgischer Trip

Für mich steht damit fest, Yooka-Laylee ist zu 100% die Reinkarnation von Banjo-Kazooie. Es übernimmt alle Stärken und die eine oder andere Schwäche der großen Vorlage. Alles ist knuffig, hat Augen und tanzt in dieser Spielwelt. Das muss man schon mögen und auch die Dialoge sind für meinen Geschmack deutlich zu langatmig ausgefallen. Dafür macht das Gameplay über weite Strecken einfach sehr viel richtig und die neuen Fähigkeiten geben mir zumeist das Gefühl, dass Yooka und Laylee wirklich stärker werden. Leider gibt es da den hinkenden Spielfluss, der gerade in der Mitte des Spiels störend auffällt.

Man muss Yooka-Laylee aber absolut zu Gute halten, dass es trotzdem einen sehr soliden, bis spaßigen 3D-Platformer abliefert, den es heutzutage nur noch selten gibt. Ich würde mir wünschen, dass die Wiederkehr solcher Spiele auch den allgemeinen Markt der Platformer ankurbelt. Wer noch immer auf ein 3D-Mario wartet sollte die Zeit bis Weihnachten nutzen und Yooka-Laylee eine Chance geben. Auch wenn nicht alles perfekt ist, das prinzipielle Gameplay macht durchwegs Laune und ständig fühle ich mich in meine Kindheit zurückversetzt.

Wertung: 8 Pixel

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