Taboo: Komplette erste Staffel im Test

von Matthias Jamnig 19.04.2017

Was Westworld für die Fernsehlandschaft anno 2016 war, ist Taboo meiner Meinung nach für das aktuelle Jahr: nämlich die Must-See-TV-Serie. Und wer während der ursprünglichen Ausstrahlung nicht das Vergnügen hatte, Tom Hardy durch London in den Folgejahren des Krieges von 1812 zu begleiten, der kann und sollte jetzt zu DVD oder Blu-ray greifen.

Taboo

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Krieg und nur sehr wenig Frieden

Wir schreiben das Jahr 1814, der Britisch-Amerikanische Krieg prägt das Treiben und Handeln auf den Straßen Londons… und in den Häusern der Mächtigen. Es ist in dieser Zeit, dass der Einzelgänger James Keziah Delaney – großartig verkörpert von Tom Hardy – in seine Heimatstadt zurückkehrt. Nach über zehn Jahren in Afrika erklärte man ihn in der Zwischenzeit sogar für tot. Nun plant er endlich das Erbe seines Vaters, ein Schifffahrtsunternehmen, anzutreten und sich so eine neue Existenz aufzubauen. Dieses Erbe erweist sich aber als höchst schwierig – an jeder Ecke lauern Feinde mit eigener, tödlicher Agenda. Delaney muss sich seinen Weg durch die komplexe, ihm feindlich gesinnte Londoner Gesellschaft bahnen, legt sich mit der mächtigen Ostindien Kompanie und sogar mit der Krone an. Letztlich ist er gezwungen, seinen eigenen Kopf zu retten. Umgeben von Verschwörungen, Mord und Betrug entfaltet sich obendrein ein düsteres Familiengeheimnis – eine packende Geschichte von Liebe und Verrat.

Und diese Geschichte hat obendrein den Vorteil, dass sie über alle acht Folgen ohne Längen à la Game of Thrones auskommt. Jede Epsiode bietet zumindest ein spannendes Versatzstück der Gesamthandlung, während die meisten Folgen auch um einen nervenaufreibenden Cliffhanger nicht verlegen bleiben. So spinnt sich der erzählerische Bogen von der mysteriösen Heimkehr eines Händlersohnes bis zum ausgewachsenen, den Atlantik überspannenden Konflikt. Das sich dabei noch ein wenig Mystik und jede Menge düstere Szenarien in die von Intrigen, Mord und Totschlag geprägte Story mischen, ist für den Serien-Gourmet noch das Obershäubchen auf der Suppe.

Düstere Gassen und noch düstere Kostüme

Apropos Düsternis, Taboo ist geprägt von Schwarz-, Braun- und Grautönen – unterbrochen nur gelegentlich von blutigem Rot. Das zieht sich durch die großartigen Konstüme, die authentischen Kulissen und auch die gelegentlichen Landschaftsbilder. Die gesamte Ausstattung und die Drehorte verweben sich perfekt mit dem erzählerischen Muster – das beginnt bei der omnipräsenten Kombination aus Hut und Mantel bei James Delaney und endet auch nicht beim heimatlichen Teich, der den Protagonisten immer wieder bildlich in die Vergangeheit reißt. Im handwerklichen Aspekt der Kulissenbauer, Kostümbildner und Drehort-Prospektoren steht diese Serie den bereits erwähnten TV-Platzhirschen in nichts nach und prägt dabei noch seinen ganz eigenen Stil.

Hart, Härter, Hardy

Doch am Ende kann auch das beste Kostüm nicht über schwache schauspielerische Leistung hinwegtrösten. Gut nur, dass es diese in der ersten Staffel von Taboo nicht gibt. Der Cast rund um Hauptdarsteller Tom Hardy ist hervorragend ausgewählt und ruft jederzeit eine Top-Performance ab. Um in den vollen Genuss des gebotenen Schauspiels zu kommen, solltet ihr die acht Folgen natürlich im englischen Original konsumieren. Die deutsche Vertonung ist zwar solide, aber gerade durch den Verlust der zahlreichen Nuancen der in Taboo zur Schau gestellten englischen Sprache, geht eben auch ein Löwenanteil an Flair und Stimmung verloren. Besonders lobend erwähnt seien neben Tom Hardy, Jonathan Pryce als machthungriger Widersacher, Franka Potente als Zuhälterin Helga, Stephen Graham als schlitzohriger Handlanger und Jessie Buckley als Lorna Bow. Um nur einige aus der erstklassigen Riege an DarstellerInnen zu nennen.

Der Perser unter den Sound-Teppichen

Seit jeher unabkömmlicher Erfolgfaktor für erfolgreiche TV-Produktionen ist obendrein natürlich die musikalische Untermalung. Und auch in diesem Aspekt reiht sich Taboo in die Fernseh-Oberliga ein. Manchmal orchestral, manchmal so düster wie die Szenarie setzt sich die Sound-Begleitung im Ohr fest wie die Feuchtigkeit des Londoner Nebels in der Kleidung der DarstellerInnen. Niemals zu aufdringlich aber stets präsent unterstreicht die Musik das Geschehen am Bildschirm und fördert die emotionale Anteilnahme der ZuseherInnen. Besser kann mans eigentlich nicht machen. Chapeau!

Mein Fazit zur ersten Staffel von Taboo

Für Serienjunkies ebenso wie für Teilzeit-Binge-Watcher führt kein Weg an Tom Hardy als James Delaney vorbei. Meines Erachtens ist Taboo schon zum Jahresdrittel einer der heißesten Anwärter auf den Titel “Serie des Jahres”. Dementsprechend ist natürlich eine zweite Staffel bereits für 2018 angekündigt. So muss moderne TV-Unterhaltung aussehen: Handung, Spannung, Mystik, ein bisschen Liebe und zu guter Letzt ein wenig Gewalt. Diese Zutaten verpackt in ein düsteres Kostüm aus Szenerie und Authentizität, vorgetragen von herausragenden DarstellerInnen und unterlegt mit einem stimmungsvollen Sound-Teppich. Ich ziehe meinen Hut erneut in Hochachtung und verbleibe mit einem leicht abgewandelten Zitat des Protagonisten in Vorfreude auf die zweite Staffel: “Taboo, I have a use for you.”

Wertung: 9 Pixel

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