Dragon Age: Inquisition (PS4) im Test

von David Kolb-Zgaga 20.11.2014

dragon age inquisition logo

In diesem Winter startet der Kampf der beiden Rollenspiel-Giganten The Witcher 3 und Dragon Age: Inquisition. Letzteres hat nach einem verpatzten zweiten Teil viel gut zu machen und trotzdem oder gerade deswegen ist die Erwartungshaltung der Fans extrem hoch. Ob es Dragon Age: Inquisition tatsächlich schafft die Serie zu altem Ruhm zu führen, das erfahrt ihr in meinem Test.

 

Politische Intrigen treffen auf klassische Fantasy

Dragon Age: Inquisition findet sich dem Setting nach in der klassischen Fantasy wieder. Die Welt ist bevölkert von Zwergen, Elfen und anderen Kreaturen, die in einem tolkienschen Abenteuer nicht fehlen dürfen. Selbstverständlich lauert im Dunklen auch das große Übel, das den mächtigen Feind verkörpert. Im Fall von Dragon Age: Inquisition handelt es sich dabei um die Bresche, eine grün flimmernde Energie, die Risse hervorbringt, woraus wiederum Heerscharen von Dämonen strömen. Alles in allem ein Setting, das man als SpielerIn schon mal gesehen haben dürfte.
Dragon Age: Inquisition ist aber keineswegs langweilig, denn in ganz Thedas herrscht Bürgerkrieg (oder zumindest eine Art von Zwietracht in der Bevölkerung). Durch die präsente Bedrohung spalten sich die Templer von der Kirche ab. Zudem ist die Kirche mit den Magiern im Streit. Als Held wird man mit diesen sehr weltlichen, politischen Problemen konfrontiert und muss sie lösen, bzw. sich immer wieder mal für eine Seite entscheiden. So hat man die Möglichkeit auf einer Übersichtskarte in Regionen zu reisen und Bündnisse mit den zerstrittenen Lagern zu schaffen.

Nicht nur Schwarz-Weiß

Im eigentlich recht standardmäßigen Plot schafft es Bioware, sehr spannende und vor allem vielschichtige Geschichten zu erzählen. Nicht alle Blutmagier sind grundsätzlich böse, nicht jeder Anhänger der Kirche ist ein verblendeter Fanatiker. All diese Charaktere haben valide Argumente und eine nachvollziehbare Motivation für ihr Handeln und gerade das macht die Handlungsstränge von Dragon Age: Inquisition sehr interessant. Zudem verzichtet man auf gewisse Fantasy-Stereotypen, weshalb z.B. die Elfen in Thedas eine Art versklavte Unterschicht sind und nicht wie sonst üblich die strahlenden, perfekten Wesen darstellen.
Ach ja, und schlussendlich gibt es da noch die namensgebenden Drachen, die auch noch ein Wörtchen im verstrickten Storytrakt mitzureden haben! Das Konfliktpotenzial in Dragon Age: Inquisition ist sehr groß und bietet daher eine enorme Abwechslung.

 

Wunderschöne Panoramen

Auf besagter Übersichtskarte klappert man dann die Quests ab und versucht so Ordnung nach Ferelden und Orlais zu bringen. Nach ein paar Reisen durch das Landesinnere merkt man schnell – Dragon Age: Inquisition ist gewaltig groß. Die einzelnen Gebiete sind aber nicht nur riesig, sondern auch enorm aufwendig und schön gestaltet. Hierbei durfte ich schon einige besondere Momente erleben, z.B. als am Firmament eine riesige Burg oder eine Gebirgskette auftauchte und mir der Atem stockte. Neben der Weitläufigkeit der Welt ist auch ihre Vielseitigkeit positiv hervorzuheben. Zwar sind die verschiedenen Bereiche, wie Wüste, Sümpfe, Gebirge und Küste etwas stereotyp, aber mit sehr viel Liebe zum Detail gestaltet. Egal in welchem Gebiet man sich befindet, man möchte einfach losziehen und neue Teile der Welt erkunden und entdecken. Nicht selten wird man dabei mit Loot, einer beeindruckenden Aussicht oder anderen Feinheiten belohnt. Thedas ist was Nebenquests und die Befüllung der Spielwelt angeht auf Augenhöhe mit Skyrim, wirkt durch seine malerischen Landschaften jedoch frischer und lebendiger.

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Ein kleiner Wermutstropfen ist hier leider der fehlende Tag-Nacht-Zyklus. An der Küste regnet es immer und im Sumpf herrscht ewige Nacht – das zerstört die Immersion an bestimmten Stellen des Spiels. Zudem findet man auf den Konsolen immer wieder nerviges Kantenflimmern vor.

Let’s Party

Um die Strapazen der Inquisition gut überstehen zu können, braucht man nicht nur Verbündete, sondern auch Partymitglieder, die mit einem durch dick und dünn gehen. Gleich zu Beginn erhält man drei Mitglieder, die im Kampf sehr hilfreich, wenn nicht sogar überlebensnotwendig sind. Jeder der BegleiterInnen hat abseits der Kämpfe einen klar strukturierten Charakter, sowie ein eigenes Weltbild und damit verknüpfte Ziele. Bioware-typisch gilt es immer wieder schwierige Entscheidungen zu fällen, die auch eure BegleiterInnen nicht kalt lassen. Hat man sich zu oft gegen diese entschieden, kehren sie euch den Rücken zu und können sogar die Party verlassen. Durch die politischen Intrigen und die vielen Dinge, die es zu tun gibt, rücken die Partymitglieder jedoch ein wenig in den Hintergrund. Die Dialoge sind nicht mehr so vielschichtig und die Bindung an die WegbegleiterInnen ist nicht mehr ganz so hoch wie in Dragon Age: Origins. Zwar wirken sich Veränderungen der Gruppe spürbar aus und jedes Gruppenmitglied verfügt über interessante Züge und eigene Quests, ein Zusammenhalt wie z.B. bei Mass Effect 2 entsteht aber nicht. Das bedeutet allerdings keineswegs, dass die Qualität der Charaktere schlecht ist, es entsteht nur eine andere Dynamik.

Weg vom Action-Schnetzler

Die Kämpfe fühlen sich in der ersten Stunde etwas seltsam an, gerade wenn man die Vorgänger, wie ich, noch am PC gespielt hat. Auf den ersten Blick wirkt alles sehr actionlastig, da man in Echtzeit Zauber und Schwerthiebe auf die Feinde niederprasseln lassen kann. Mit der Echtzeit wird man aber nicht sonderlich weit kommen, da dann die Gruppe zu unkoordiniert agiert. Gerade auf den höheren Schwierigkeitsgraden ist es wichtig das Geschehen zu pausieren und durch alle Partymitglieder durchzuschalten, um so den Kameraden sinnvolle Befehle erteilen zu können. Dabei versucht Bioware, das Beste aus Teil 1 und 2 zu vereinen. Per Knopfdruck wählt man das Partymitglied aus, mit dem man gerade kämpfen möchte, bei schwierigeren Angelegenheiten geht es ab in die Taktikansicht. Die wird gerade bei Bossen ganz dringend benötigt, denn die verfügen über eigene Stärken und Schwächen, inklusive verschiedener Trefferzonen (Hals, Bein, Kopf, etc.). Zwar kann man sich taktisch nicht mehr so sehr hineinfuchsen wie noch in Origins, der taktische Anspruch ist aber weiterhin gegeben. Besonders die großen Bossfights sind zudem packend inszeniert und treiben mir die eine oder andere Schweißperle ins Gesicht.

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Der immer gleiche Trott

Was mir eher ein müdes Gähnen ins Gesicht treibt, sind die teilweise repetitiven Aufgaben. Um in gewisse Gebiete zu gelangen oder Fraktionen beeinflussen zu können, braucht man Macht – konkret Machtpunkte. Diese bekommt man z.B. durch das Schließen eines Risses. Davon gibt es über das gesamte Land verteilt unglaublich viele und das läuft immer nach demselben Schema ab: Erste Gegnerhorde platt machen, kurz warten, zweite Welle besiegen und fertig! Diese und ähnliche immer gleiche Aufgaben werden auf die Dauer bestenfalls noch zur ertragbaren Routine, im schlimmsten Fall aber nervig. Dragon Age: Inquisition bietet in all seinen Facetten sehr viel Abwechslung, doch gerade deshalb stechen die immer gleichen Aufträge umso negativer heraus.

 

Looten und Leveln

Positiv hingegen fallen die erlernbaren Fähigkeiten auf. Auch wenn das Menü ein wenig fummelig und unübersichtlich ist, kann man alle Partymitglieder so hochleveln und spielen, wie man möchte. Zwar gibt es keine wirklich neuen Fähigkeiten, das Repertoire deckt aber alles ab, was das Rollenspielherz begehrt. Das Looten jedoch fällt über das gesamte Spiel gesehen etwas mager aus. Nicht dass es zu wenig Loot gäbe, aber das, was man findet, kann oftmals nicht gebraucht werden oder ist schlicht schlechter als die gerade verwendete Ausrüstung. Zum Glück springt da das umfangreiche Crafting-System ein. Um einen Gegenstand zu verbessern, braucht man ein Rezept und die passenden Rohstoffe dazu. Teilweise sind die Rezepturen allerdings abwandelbar, was das System angenehm vielfältig macht. Es ist z.B. egal, ob ich Schafsfell oder Seide für ein Rezept verwende, das einen Stoff benötigt. Die Attribute der Rüstung werden dadurch aber sehr wohl beeinflusst. Das Gleiche gilt auch für Tränke, diese lassen sich durch Rezepturen herstellen, bestehende Tränke können aber sogar dauerhaft verbessert werden. Daher gefällt mir das Crafting-System sehr gut, da man sich im Gegensatz zum teilweise schwachen Loot so selbst belohnen kann.

Fazit

Dragon Age: Inquisition ist ein beeindruckendes Spiel, es ist ein gigantisches Spiel, das bei vielen Gameplay-Mechaniken sehr vielfältig und ehrgeizig ist. Dieser enormen Größe ist es aber zu schulden, dass gewisse Parts des Spiels simpler ausgefallen sind und man repetitive Quests erledigen muss, hin und wieder mal ein mühsamer Dialog zu führen ist oder man stumpfsinnig die gerade gerespawnten Gegner zum dritten Mal erledigt. Dies sind aber nur Details, denn die meiste Zeit, die ich mit Dragon Age: Inquisition verbracht habe, hatte ich großen Spaß. Die Bosskämpfe, die Entscheidungsvielfalt oder die beeindruckenden Panoramen sind die ganz besonderen Momente von Dragon Age: Inquisition, die ich nicht missen möchte.

Dragon Age: Inquisition hat ein paar Ecken und Kanten, ist aber trotzdem ein großartiges Rollenspiel geworden. Ob es allerdings dem zu Beginn erwähnten Vergleich mit The Witcher 3 standhalten kann, muss sich noch zeigen. Ein bisschen Luft nach oben ist da schließlich noch!

Wertung: 8.5 Pixel

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