Das Dongle-Dilemma: Wo will Apple hin?

von postbrawler 03.11.2016

Die ersten Reviews zum neuen MacBook Pro trudeln ein. Derweil haben TheVerge und Co noch das 13-Zoll-Gerät ohne Touchbar unter die Lupe genommen. Die teureren Geschwister folgen in ca einer Woche. Unisono loben die meisten TesterInnen das Industrial-Design der Geräte. Schlank, leicht und hochwertig verarbeitet, dafür stand das MacBook Pro seit seiner Genesis im Jahre 2006. Doch ein schaler Beigeschmack mischt sich unter das sonst so beliebte Apple-Aroma: Mangelnde Connectivity.

Dongle-Gate bei Apple

Lightning vs USB Typ-C

Dass Apple in puncto Anschlüsse seit jeher sein eigenes Süppchen kocht, ist kein Geheimnis. Allen EU-Richtlinien und Trends zum Trotz setzt man beispielsweise in der iOS Produktreihe vehement auf den Lightning-Port. Beim iPhone 7 fasste Apple die fragwürdige Entscheidung, den standardisierten Kopfhörer-Stecker zu eliminieren. Im Austausch dafür werde es Kopfhörer auf Lightning- und Wireless-Basis geben.

Universal Serial Bus für (fast) alle

Beim MacBook und MacBook Pro hingegen heißt das Zauberwort USB Typ-C. Cool, ein standardisierter Port, möchte man nun sagen. Aber leider ein noch recht wenig verbreiteter. Seinem Anfangsbuchstaben, der für „Universal“ steht, gerecht werdend, bildet der neue USB-Standard das Rückgrat für so manches Szenario: Laden, Bildschirm(e) anschließen, Netzwerk, Peripherie, Daten und Audio. All das kann USB Typ-C. Bis zu 5 Volt Spannung bei 3 Ampere Widerstand und gleichzeitige Übertragungsraten bis zu 40 GBit/s verspricht der kleine Duplex-Stecker.

Vertrauter Feind

Es gibt noch eine andere Gerätekategorie, die USB Typ-C ob seines geringen Platzbedarfs willkommen heißt: Smartphones. Allerdings nicht die von Apple, sondern Android-Smartphones. Es ist schon fast Ironie des Schicksals, dass sich die modernen Androiden quasi nahtlos in Verbindung mit MacBooks laden, oder als Laufwerk/Modem nutzen lassen. Um ein iPhone am MacBook (Pro) zu laden, benötigt man hingegen einen Dongle. Natürlich verkauft Apple solche Dongles für 40 € das Stück. Aber sieht so das sorgenfreie, einfache Leben im Ökosystem eines Apple-Fans aus? Dass man mit 5 verschiedenen Dongles im Gebäck herumrennt?

Um nur ein paar alltägliche Szenarien zu nennen:

  1. Ich will mich mit meinem MacBook in ein Firmen-LAN einwählen. -> Ethernet-Dongle
  2. Ich will mein iPhone am MacBook laden -> Lightning-Dongle
  3. Ich will Fotos von meiner Kamera auf das MacBook laden -> Mini-USB auf Typ-C-Dongle
  4. Ich will einen (oder mehrere Monitore) mit dem MacBook verbinden -> HDMI/DVI-Dongle
  5. Ich will Daten von einer SD-Karte einlesen -> SD-Card Reader

Lautete Apples Leitspruch im Jahre 2009 noch „Dafür gibt es eine App!“, ist es 2016 „Dafür gibt es einen Dongle!“.

Die Konkurrenz wittert ihre Chance

Und nun stelle man sich noch vor, man möchte mehrere dieser Dinge gleichzeitig tun. Schon hat man den Connectivity-Supergau! Die neunschwänzige Adapterpeitsche beißt sich selbst in den Schwanz, wenn zwar die Laptops immer dünner werden, die Anzahl zusätzlich notwendiger Adapterstecker hingegen exponentiell zunimmt. Apple sollte sich die Frage stellen, ob es das ist, was ihre Kunden wirklich wollen. Ersten Reviews des neuen MacBook Pro zufolge nicht. Und das wiederum bietet der Konkurrenz von Microsoft und Co einen fruchtbaren Nährboden für ihre eigenen Produkte. Dir Surface-Linie schickt sich an in puncto Industrial-Design mit den Apple-Produkten gleichzuziehen. Wenn dann noch die Connectivity und der Preis stimmen, könnte das viele eingefleischte Apple-User zum Umdenken bringen.

Mut nicht mit Übermut verwechseln

Phil Schiller bezeichnete Apples Connectivity-Wagnisse als mutigen Schritt. Mutig ist, als Erster einen Schritt in die Zukunft zu setzen. Übermut hingegen ist, wenn man den Schritt zu früh wagt. Oder wenn sich gar, wie im Falle Apples zweigleisiger Produktstrategie, die eigenen Produkte dadurch voneinander entfremden. Apple täte gut daran, den Nutzen über die Ästhetik zu stellen. Insbesondere, wenn man Professionals ansprechen möchte, wie das MacBook Pro. Denn die kaufen Apple-Produkte wegen ihrer Einfachheit, und nicht, weil sie jetzt noch weniger Ports haben.