Creepypasta Pokémon – Melodien mit Nebenwirkung!

von David Kolb-Zgaga 31.10.2014

Es ist Herbst und langsam aber sicher schleichen sich auf den verschiedensten TV-Kanälen, die trashigsten Horror-Streifen wie Freitag der 13., The Ring oder die Treehouse of Horror-Episoden von Die Simpsons nicht fehlen. Heute am 31. Oktober ist Halloween, einer der populärsten „Feiertage“ der USA. Anstatt aber böse Geister, Hexen oder sonstige Monstrositäten zu verjagen, geben sich deshalb die meisten von uns eher popkulturellen Phänomenen hin – wie auch ich.

creepypasta invasion

Aber nicht nur das Fernsehen nutzt die Zeit, um ein wenig Gruselstimmung aufkommen zu lassen. Mit Spielen wie Alien: Isolation und The Evil Within erschienen im Oktober zwei ganz große Titel für Horror-Fans. Nachdem Halloween aber nicht nur für Horror steht, sondern in gewisser Weise auch für das Übernatürliche, das die Fantasie der Menschen anregt, möchte ich euch heute eine der spannendsten Creeppastas der Viedeospiellandschaft genauer beschreiben.

Für die Leute, die mit dem Wort Creepypasta nicht anfangen können, oder dabei gar an verdorbene Nudeln denken, hier noch eine kurze Erklärung: Softwareprogramme sind von Menschen gestaltet und enthalten oftmals Fehler bzw. Bugs. Das führt immer wieder dazu, dass sich Programme merkwürdig verhalten. In unserem Fall geht es dabei um düstere Phänomene bzw. Geschichten, die als Creepypasta betitelt werden, und meist von verstörenden bzw. seltsamen, oft gruseligen Begegnungen in Videospielen handeln. Die Storys sind mal erfunden und mal tatsächlich so passiert, weshalb diese sich ganz gut in trashigster X-Factor-Manier zum Mitraten anbieten. Das Internet ist voll von Creepypastas und mich haben diese schrägen Stories zumeist sehr gut unterhalten, weshalb ich auch euch dieses morbide Vergnügen anbieten möchte.

Lavandia City – Die Stadt der Trauernden

Pokémon ist ein Spiel, das sich vor allem an die Zielgruppe von Kindern und Jugendlichen richtet, weshalb man meinen könnte, dass Nintendos knuffiger Monster-Sammler nichts großartig Angsteinflößendes zu bieten hat – falsch gedacht! Besonders um die blaue und rote Edition ranken sich viele Legenden versteckte Glitches und sogar Zombies! Eine dieser Legenden dreht sich, wie könnte es anders sein, um die Stadt Lavandia City.

Jede Stadt in der ersten Pokémon Generation hat ihre ganz eigene 8-bit Melodie. Mal ist sie fröhlich, mal unglaublich nervig, im Falle der Geisterstadt Lavandia City ist sie aber unheimlich melancholisch und bedrückend. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass ich als Kind dieses Theme nur für kurze Zeit ausgehalten habe und schon nach ein paar Minuten das Spiel auf lautlos gestellt hab.

Der makabere Hintergrund dieser Melodie ist das sogenannte Lavandia-Syndrom. Dies bezeichnet einen Gipfel der Krankheiten bei Kindern Anfang 1996. Bevor die erste Generation von Pokémon veröffentlicht wurde, gab es selbstverständlich einen Testlauf, in dem auch Kinder schon vorab eine Beta-Version der roten oder blauen Edition bekamen. Schon nach kurzer Zeit gab es erschreckende Berichte über das Verhalten der Kinder, die diese Testversion besaßen: So gab es zu dieser Zeit mehrere Vorfälle mit Kindern, die stark hysterisch, ängstlich oder sogar verzweifelt waren. Sehr viele Kinder, die in dieser Version die Musik von Lavandia City gehört haben, haben zudem über heftige Kopfschmerzen geklagt und sind in vielen Fällen durch irrationales Handeln auffällig geworden. Diese Irrationalität soll in gewissen Fällen sogar zu tragischen Selbstmorden geführt haben, die alle durch Erhängen oder einen Sprung von großer Höhe durchgeführt wurden!

Einer der Gründe für diese Erscheinung ist, dass Kinder besser hören bzw. die maximal hörbare Frequenz viel höher ist, als es bei Erwachsenen der Fall ist. Deshalb wurde die Musik dann im Originalspiel ausgetauscht und mit anderen Tönen ersetzt, damit diese schrecklichen Vorfälle ein Ende nehmen konnten! Besonders auffällig und bestätigend wirken die Änderungen der Musik bei der europäischen und amerikanischen Version!?! Aus diesem Grund gibt es auch jetzt noch unglaublich viele Youtube-Videos, die die Original-Version des Lavandia City Themes beinhalten. Unter diesen Videos findet man zudem massig Kommentare darüber, dass den Leuten beim Anhören übel wurde, sie sich depressiv gefühlt haben oder ähnliches! Allein aus diesem Grund geistert diese Creepypasta noch immer sehr präsent im Internet herum.

Auflösung der Creepypasta

Die Legende um das Lavandia-Syndrom klingt schon sehr fantastisch und ist zu einem großen Teil übertrieben und nicht wahr. Die Story hält sich aber trotzdem so lange, da sie tatsächlich einen wahren Kern an dieser Geschichte gibt: Die Beta-Versionen von Pokémon Blau und Pokémon Rot gab es wirklich und auch die Melodien darauf verbargen einen seltsamen (ungewollten) Effekt. Es handelte sich dabei um binaurale Beats. Diese Beats funktionieren aber nur, wenn jedes Ohr ein seperates Audiosignal empfängt, was bedeutet, dass man dafür Kopfhörer tragen muss, sodass erst im Gehirn ein neuer Ton entstehen kann. Hier ein Beispiel von Wikipedia:
„Hört man auf dem linken Ohr eine Frequenz von 440 Hz und auf dem rechten Ohr eine Frequenz von 430 Hz, wird im Gehirn ein Ton mit einer Frequenz von 435 Hz erzeugt.“

So weit so gut! Für sich gesehen ist das aber noch nichts Besonderes. Allerdings lassen sich mit diesen Tönen die Hirnwellen stimulieren, weshalb binaurale Beats in der Neurophysiologie eingesetzt werden. Diese können je nach Frequenz tatsächlich (!) Entspannung oder Angstzustände beim Menschen auslösen. Ich gebe hier aber Entwarnung, die Kinderselbstmorde sind frei erfunden, es könnte aber durchaus möglich sein, dass das eine oder andere Kind (natürlich nur mit Kopfhörern) Kopfweh bekommen hat. Für die Suizidfälle gibt es aber keine Belege und keine Zahlen, die einen solchen Fall dokumentieren würden. Auch die YouTube-Videos mit Titeln wie „Lavender Town – Original Version“ sind Fakes. Es gibt keine Videos, die diese Originalfassung beinhalten. Sehr wohl gibt es aber Videos mit binauralen Beats, mit denen man deren Wirkung an sich ausprobieren kann!

Zum Glück war das einzige, was das „Lavandia Syndrom“ bei mir angerichtet hat: Ich habe etwas über binaurale Beats gelernt und finde das Theme von Lavandia City weiterhin unheimlich gruselig! Ich hoffe, ich konnte euch mit meiner Erzählung einen kleinen Einblick in die Faszination der Creepypastas geben und euch ein wenig dafür interessieren. Wie schon erwähnt, ist das Internet voll damit und die Wahrscheinlichkeit ist nicht gerade gering, dass auch euer Lieblingsvideospiel-Anekdoten dieser Art enthält. In diesem Sinne viel Spaß beim Nachlesen und Happy Halloween!