Bound by Flame (PS4) im Test

von Max Hohenwarter 22.05.2014

Irgendwie hatte es keiner so recht auf dem Schirm, oder um einen Freund von GameStop zu zitieren: „Das lag plötzlich so im Lager.“ Die Rede ist von Bound by Flame für PS4, PS3, PC und Xbox 360 aus dem Hause Spiders Studio. In diesem Actionrollenspiel ist der/die SpielerIn von einem Flammendämon besessen. Ob ich für das Game auch Feuer und Flamme bin, lest ihr in meinem Review.

Du bist so heiß wie ein Vulcan …

Bound by Flame spielt in der Welt Vertiel. Im Norden sammelt sich eine Armee von Totwandlern unter dem Befehl der sogenannten Eisfürsten, mächtigen Nekromanten, die eine ewige Eiszeit über das Land bringen wollen. Moment! Hat da jemand Game of Thrones gesagt? Okay – besser gut geklaut als schlecht selbst erfunden, heißt es ja bekanntlich. Außerdem gibt es da noch irgendwelche ominösen roten Weisen, die irgendein mysteriöses Ritual abhalten, welches das Schlachtenglück zu ihren Gunsten wenden soll. Aha … sehr episch das Ganze, was? Die Freien Klingen – eine berühmt-berüchtigte Söldnergruppe, der auch der/die SpielerIn angehört – sollen die Magier währenddessen beschützen, doch prompt werden sie von einer Vorhut der Eisfürsten überrascht und müssen sich zur Beschwörungskammer zurückziehen. Als die Untoten auch in diese vordringen, stolpert der/die SpielerIn im wahrsten Sinne des Wortes in eben jene Anrufung. Fortan ist man von einem Feuerdämon besessen, der euch die Macht verleiht, Feuerbälle zu wirken oder Schwerter mit einem Flammenzauber zu belegen.

… und heut verbrenn ich mich daran

Das Dumme an solch dämonischen Zweckgemeinschaften ist aber, dass sie immer einen Haken haben. Im Falle unseres Helden droht die Übernahme seines Körpers durch den Efreet. Nun ja, man erahnt es schon: Dass Bound by Flame gut von George R. R. Martin geklaut hat, kann man beim besten Willen nicht behaupten. Die Geschichte ist generische Fantasy mit einer Prise hiervon und einem Schuss davon und wird den SpielerInnen sicher nicht allzu lange im Gedächtnis bleiben. Zugute halten muss man dem Spiel aber, dass es unterschiedliche Enden bietet, je nachdem, ob man dem Dämon verfällt oder gegen die Besessenheit ankämpft. Sofern man also den Drang verspürt, die relativ maue Geschichte in einem zweiten Durchgang anders ausgehen zu lassen, hat man immerhin die Möglichkeit.

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Grundsolides Gameplay

Zuallererst dürft ihr euch aus einigen wenigen Versatzstücken eine/n HeldIn zusammenschustern, sein/ihr Geschlecht bestimmen und gegebenenfalls den Standardnamen von Vulcan auf irgendetwas Kreativeres ändern – Bratmaxe beispielsweise. Wie es in einem Rollenspiel so typisch ist, zerkleinert ihr anschließend die anrückenden Gegner, kassiert dafür Erfahrungspunkte und steigt im Level auf. Alles klar so weit? Bei Erreichen einer neuen Stufe dürft ihr Skillpoints auf insgesamt drei Fertigkeitenbäume verteilen. Der Krieger schlägt behäbig, aber dafür umso beherzter zu, der Waldläuferbaum weckt den dolchschwingenden Meuchelmörder in euch, und der Pyromaniezweig bereitet euch auf die diesjährige Grillsaison vor. Ob ihr also einen Hansdampf in allen Gassen zusammenskillt oder euch auf einen Pfad spezialisiert, bleibt euch überlassen.

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Pro Stufe dürft ihr euch außerdem über das ein oder andere Perk freuen, das ihr ebenso wählen könnt, sofern ihr es freigeschaltet habt. Die Anforderungen sind allerdings nicht der Rede wert, und so müsst ihr lediglich 15 Bösewichte mit Flammenzaubern gegrillt haben, um einen Magiepunkte-Booster freizuspielen.

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Und täglich grüßt MacGyver

Um dem momentanen Trend gerecht zu werden, gibt es in Bound by Flame auch Crafting-Elemente. So könnt ihr beispielsweise eure Rüstungen verbessern und eure Dolche oder Schwerter mit unterschiedlichen Parierstangen und Knäufen versehen, die jeweils unterschiedliche Attribute verbessern oder zusätzlichen Elementarschaden verursachen. Doch auch Verbrauchsgegenstände wie beispielsweise Armbrustbolzen, Heiltränke oder Sprengfallen könnt ihr so in eurem Inventar wieder aufstocken.
Apropos Ausrüstung. Die ist in Bound by Flame verhältnismäßig rar gesät, was ich durchaus positiv bewerte, denn die oft in Rollenspielen anzutreffende Item-Flut nervt mich eher, da ich andauernd pausieren muss, um zu schauen, ob das neue Fundstück auch nur um ein Fitzelchen besser ist als das bisher Angelegte. Die Dinge, die ihr in Vertiel in eure Taschen steckt, sind in den meisten Fällen tatsächlich besser als die Gegenstände, die ihr gerade benutzt, und so braucht das Inventarmanagement wenigstens nicht den Löwenanteil der Spielzeit. Benötigt ihr etwas nicht mehr, betätigt ihr euch als brave UmweltschützerInnen und recycelt den Schrott einfach, um daraus wiederum die erwähnten Upgrades oder Items herzustellen.

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Dark Souls light

Doch nun zur Action. Das Kampfsystem von Bound by Flame ist tatsächlich fordernder, als man glaubt. Insgesamt gibt es zwei grundsätzliche Haltungen: die des Kriegers, in der ihr den diversen Bestien mit eurem behäbigen Großschwert ordentliche Scheitel zieht, und die des Waldläufers. Als Letztgenannter hantiert ihr flink wie der Wind mit zwei Dolchen und könnt euch auch an Gegner heranpirschen und so kritische Treffer landen. In beiden Fällen solltet ihr aber immer die Deckung oben halten, denn übermächtig seid ihr definitiv nicht, und jeder gegnerische Treffer macht sich ordentlich in der Lebensleistengegend bemerkbar. Die Widersacher verhalten sich auch alles andere als dumm, und so müsst ihr ganz schön taktisch vorgehen und auch einmal dediziert eine gewisse Gegnerart, Fernkämper beispielsweise, zuerst unschädlich machen.

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Blindlings in eine Horde Monster zu stürmen ist in Bound by Flame genau so schlau wie in Dark Souls. Allerdings müsst ihr nach eurem Ableben nicht wie bei Letztgenanntem alles nochmals spielen, sondern dürft – Autosave sei Dank – kurz vor dem Scharmützel einen neuen Anlauf starten. Hat man sich einmal in die Kampfmechanik eingearbeitet, machen die Zankereien Spaß und wissen gut zu unterhalten. Neben dem Säbelrasseln habt ihr aber, wie bereits erwähnt, noch andere Hilfsmittelchen. Die Feuerbälle eures dämonischen Beifahrers heizen den Gegnern ordentlich ein, und auch eure Sprengfallen, die ihr im Bestfall vor dem Kampf strategisch platziert, machen euren Widersachern ein ordentliches Aua. Es stehen euch im Spielverlauf außerdem noch Begleiter bei, denen ihr rudimentär Befehle geben könnt, allerdings verhalten sich eure Compagnons nicht immer sonderlich schlau und kamen mir persönlich oft eher in die Quere, als dass sie wirklich geholfen hätten.

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Lasst euch nicht so hängen!

Die Präsentation von Bound by Flame geht im Großen und Ganzen schon in Ordnung, allerdings trüben auch hier einige No-Gos das Gesamtbild. Der leichte Cel-Shading-Look weiß zu gefallen, die Beleuchtung verpasst dem Setting eine interessante Atmosphäre und sorgt für schöne Lichtstimmungen, und auch die Texturen sind ziemlich scharf. Aber nun zu den No-Gos: Dass die Gräser und Sträucher allesamt so flach sind wie die Story, kann man noch verschmerzen. Auch die Bewegungen könnten etwas flüssiger animiert sein. Was allerdings in Sachen Inszenierung gar nicht geht, sind die ewig gleichen starren Körperhaltungen, die die Charaktere und NPCs in den Zwischensequenzen zeigen. Im Bestfall hebt eine Figur eine Hand, aber das war es dann auch mit der Körpersprache. Ansonsten stehen die Protagonisten nur herum und lassen die Schultern hängen. Anscheinend sind sie selbst ein wenig enttäuscht, dass der Animation-Director etwas zu einfallslos war, um ihnen ein vielfältigeres gestisches Repertoire zu verleihen.

Was der Atmosphäre aber schlussendlich das Genick bricht, ist die absolut grottenschlechte deutsche Lokalisierung. Die meisten SprecherInnen, allen voran der des Hauptcharakters, sind so dermaßen emotionslos, dass man diesem Trauerspiel wirklich nicht lange zuhören kann. Wenn ich will, dass mir jemand etwas vorliest, mach ich das selbst, aber derart abgelesene Dialogzeilen, die vor Ausdruckslosigkeit geradezu triefen, gehen heutzutage echt nicht mehr. Da hätte Spiders Studio besser ganz auf eine deutsche Sprachausgabe verzichtet, denn die englischen SprecherInnen machen ihre Sache wiederum ganz ordentlich, wenn auch nicht wirklich grandios.

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Ein Dämon flog unter dem Radar

Ich wiederhole meine einleitenden Worte: Irgendwie hatte niemand Bound by Flame so richtig auf dem Schirm. Warum auch? Es ist grafisch definitiv ein Last-Gen-Titel, der zwar hier und da ein bisschen aufgehübscht wurde, in seiner Gesamtheit aber an einigen Stellen krankt. Besonders die extrem schlechte deutsche Lokalisierung wird mir ganz im Gegensatz zur maximal durchschnittlichen Hintergrundstory noch lange in Erinnerung bleiben. Warum solltet ihr euch Bound by Flame also kaufen? Ganz einfach: Spielerisch ist es echt nicht von schlechten Eltern. Es würfelt zwar nur bekannte und beliebte Spielmechaniken wie Crafting, ein klassisches Rollenspielsystem und strategische Kämpfe zusammen, aber das wertet das Spielerlebnis von Bound by Flame insgesamt wieder auf.
Dass das Spiel niemand auf dem Radar hatte, ist wegen der mangelnden echten Innovationen und der mauen Präsentation kein Wunder. Wer aber ein spielerisch durchaus solides Rollenspiel auf der PS4 zocken möchte, macht mit Bound by Flame – sofern einem mittelmäßiges Storytelling und technische Unzulänglichkeiten nichts ausmachen – nicht wirklich etwas falsch.

Wertung: 7 Pixel

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